: Braindrain beim Netzwerk
BERLIN taz | Während manche der GründerInnen auch heute noch bei Attac aktiv sind, haben viele derjenigen, die in den letzten zehn Jahren die Attac-Positionen geprägt und öffentlich vertreten haben, dem globalisierungskritischen Netzwerk den Rücken gekehrt. Stellt dieser Braindrain für Attac ein Problem dar, weil die ExpertInnen nicht ohne Weiteres ersetzbar sind, hat die Verbreitung der Attac-Ideen darunter nicht gelitten.
So sitzt Sven Giegold, Mitgründer, Steuerexperte von Attac, inzwischen für die Grünen im Europaparlament und streitet dort für Bankenregulierung und „gerechte Globalisierung“. Für Attac ist er weiter beratend im Einsatz, tritt aber nicht mehr öffentlich in Erscheinung, weil das Netzwerk großen Wert auf parteipolitische Neutralität legt.
Ebenfalls in die Politik zog es die langjährige Attac-Aktivistin Heike Hänsel, die heute entwicklungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag ist. Auch die frühere Attac-Geschäftsführerin Sabine Leidig sitzt für die Linke im Bundestag.
Andere Aktive arbeiten jetzt bei Nichtregierungsorganisationen. So wurde die Online-Aktionsplattform Campact von Christoph Bautz und Felix Kolb gegründet, die zuvor die Öffentlichkeitsarbeit von Attac aufgebaut hatten; auch bei der Bewegungsstiftung sind beide engagiert. Oliver Moldenhauer, der bei Attac lange die Themen Welthandel und Patente betreut hat, ist heute als Kampagnenleiter bei Ärzte ohne Grenzen tätig. Attac-Mitgründer und Finanzmarktexperte Peter Wahl konzentriert sich seit seinem Rückzug aus dem Attac-Koordinierungskreis 2007 auf seine Arbeit bei der entwicklungspolitischen Organisation Weed.
In eine ganz andere Richtung ist die Karriere von Astrid Kraus verlaufen. Die Ökonomin, die mehrere Jahre im Koordinierungskreis saß und für Attac unter anderem Konzepte für eine „Solidarische Einfachsteuer“ entwickelte, leitet heute die deutsche Steuerabteilung eines internationalen Chemiekonzerns. Als Verrat empfindet sie dies nicht; es zeige vielmehr, „dass fortschrittliche Ideen und beruflicher Erfolg kein zwingender Widerspruch sind“. MKR