Borussia Dortmund in der Krise: Fehler allüberall
Dortmund schafft nur ein 1:1 gegen Mainz. Nun lautet Frage, ob ein Trainerwechsel zur Lösung der Probleme beitragen kann.
Terzic hat bislang zwei Episoden zwischen Sommer und Winterpause als Chefcoach dieses Klubs absolviert, die jeweils schwer enttäuschend waren. Aber er war – die Interimstrainerzeit der Saison 20/21 eingerechnet – auch während zweier sehr erfolgreicher Rückrunden für die Mannschaft verantwortlich. 2021 erreichte er nach großer Aufholjagd noch die Champions League bevor er in der vergangenen Saison nach einem Weihnachtsfest als Tabellensechster am Ende beinahe noch Deutscher Meister wurde.
Terzic schien mit dem Hinweis auf seine speziellen Rückrundenqualitäten für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit werben zu wollen. Aber nach einem Halbjahr, in dessen Verlauf nicht nur die Mannschaft, sondern auch der Trainer Schwächen zeigte, wird die Klubführung in dieser Winterpause auch der Frage auf den Grund gehen müssen, ob ein Trainerwechsel zur Lösung der Probleme beitragen könnte.
Schließlich geht es ganz konkret um das Ziel, die für die mittelfristige Zukunft enorm wichtige Qualifikation für die reformierte und wirtschaftlich viel lukrativere Champions League der kommenden Saison zu schaffen. Und Terzić hat eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen, die nicht ideal gewesen sind.
Merkwürdige Entscheidungen
Eine kleine Auswahl: Er machte Emre Can zum Kapitän, der mit der Bürde dieser Rolle wochenlang seiner Form hinterherlief. Er verhinderte die von der sportlichen Leitung beinahe schon finalisierte Verpflichtung des mexikanischen Mittelffeldspielers Edson Alvaraz, der dieser Mannschaft sehr wahrscheinlich mehr geholfen hätte, als der ständig verletzte und unter den Fans aufgrund homophober Äußerungen umstrittene Felix Nmecha.
Er probierte in den Duellen in Leverkusen und im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart Defensivtaktiken aus, mit denen das Team sich unwohl fühlte, wie die Spieler anschließend berichteten. Er hat sich grundlegend getäuscht, mit der Einschätzung, dass das Erlebnis der verspielten Meisterschaft aus dem Mai das Team stärken würde. Und ganz aktuell: Am Dienstagabend im Spiel gegen Mainz führte jede Auswechselung zu einer Schwächung des Teams, statt neue Impulse zu liefern.
Wobei es falsch wäre, die Verantwortung für die mickrige Ausbeute von sieben der 24 möglichen Punkte aus den jüngsten acht Bundesligapartien nur bei Edin Terzić zu suchen: Auf allen Ebenen könnte besser gearbeitet werden: auf dem Transfermarkt, in der fußballerischen Facharbeit im Trainingsalltag, in der Mannschaftsführung, im Entwickeln einer Haltung für den Bundesligaalltag.
Und in der Außendarstellung. Klubchef Hans-Joachim Watzke hat nicht nur Menschen mit populistischen Äußerungen zur Kinderfußball-Reform des Deutschen Fußball-Bundes vor den Kopf gestoßen, sondern die vielen schwachen Auftritte der Mannschaft im November als Erfindung kritischer Beobachter abgetan. Dabei war längst sichtbar, dass etwas nicht stimmt beim BVB, der sich in der Champions League erstaunlicherweise von einer ganz anderen Seite zeigte.
Schlüssige Gründe für die sportlichen Probleme und die absurd wirkenden Leistungsschwankungen kann aber niemand nennen. Auf die Frage nach den Themen, die im winterlichen Aufarbeitungsgespräch mit Watzke und Kehl im Mittelpunkt stehen werden, antwortete Terzić jedenfalls ausweichend: „Wir haben eine Menge Themen.
Das sind Themen, die sich leider wiederholen. Das sind Themen, die wir im letzten Sommer besprochen haben, im letzten Winter besprochen haben und die uns schon sehr lange begleiten.“ Viele Fans waren am Dienstagabend so frustriert über diesen Zustand der Stagnation, dass sie nach dem Schlusspfiff wütend pfiffen. Aber es gab auch Applaus, denn erlebnisreich ist das Jahr 2023 wahrlich gewesen für Borussia Dortmund.
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