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Bonner Krisensitzung über dramatischen Flugzuwachs

■ Im kommenden Jahr 18 Prozent mehr? / Umleitung auf kleinere Flughäfen

Berlin (taz) Dem Flugverkehr im Luftraum über der Bundesrepublik Deutschland droht im kommenden Jahr das totale Chaos. Das Bundesverkehrsministerium, die Flugsicherung und auch die Lufthansa befürchten, dem gigantischen Zuwachs an Flugbewegungen, Starts und Landungen, die bereits im laufenden Jahr für große Schwierigkeiten gesorgt haben, nicht mehr Herr werden zu können. Heute treffen sie sich alle angesichts erwarteter Steigerungsraten von 15 bis 18 Prozent im kommenden Jahr beim Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Wilhelm Knittel, zur Krisensitzung. Die einzige wirklich erfolgversprechende Richtung aller möglichen Lösungen wäre dabei eine Teilverlagerung des Kurzstreckenverkehrs auf die Schiene, von der Bundesbahn nimmt indes niemand an der Sitzung teil. Der Sprecher der Bundesanstalt für Flugsicherung, Hans–Ulrich Ohl, meinte für die Fluglotsen, es sollten angesichts der Tatsache, daß kurzfristig keine neuen Kapazitäten auf dem Boden zu erwarten seien, mehr Flüge zu den weniger belasteten Flughäfen umgeleitet werden. Die Lufthansa macht geltend, daß für sie die Wünsche der Kunden „natürlich“ an erster Stelle stünden, „wenn aber die Reserven an den großen Airports restlos ausgeschöpft sind, ist nicht auszuschließen, daß man auch darüber nachdenkt, Teile des Verkehrs zu verlagern“. An besonders „heißen Tagen“ zählt der Flughafen Frankfurt satte 1.000 Starts und Landungen. An bislang noch eher „ruhigen“ Flughäfen darf man sich also auf mögliche zusätzliche Lärmbelästigungen gefasst machen. Ohl erinnert an die Schweiz, wenn er anregt, „einen Teil der nationalen Flüge, etwa unter 300 Kilometer Distanz, zu streichen und den Zubringerdienst auf die Bahn zu verlagern“. Das Gepäck kann dann gleich beim Bahnhof „durchgecheckt“, braucht also am Flughafen nicht mehr vom Fluggast persönlich transportiert zu werden. In der Bundesrepublik wird dies im Rahmen des „Lufthansa– Airport–Express“ bislang lediglich auf der Rhein–Schiene Frankfurt–Köln–Düsseldorf betrieben. Nach wie vor steigen dagegen zum Beispiel in Frankfurt Lufthansamaschinen in die Luft, um in Stuttgart wieder zu landen. Die Lufthansa weigert sich, vom Zuwachsdenken Abstand zu nehmen. Sie liebäugelt in letzter Zeit immer deutlicher mit dem Plan, die umstrittene Frankfurter Startbahn West auch als Landebahn zu nutzen, um am Rhein– Main–Flughafen neue Kapazitäten zu schaffen. Im Planfeststellungsbeschluß heißt es dazu bislang aber eindeutig, daß die Rollbahn 18 West nur Startbahn ist. Ob eine Umwidmung neue Kapazitäten schaffen könnte, ist fraglich. In Spitzenzeiten würde ein landendes Flugzeug auf der quer verlaufenden Startbahn den Verkehr auf den anderen Rollbahnen erheblich behindern. ulk

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