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■ Bonn-apartSombrero statt roter Socken

Sepp Herberger selig ist fein raus. Der Weltmeistertrainer wird ausschließlich mit unumstößlichen Wahrheiten überliefert wie „Der Ball ist rund“ und „Ein Spiel dauert 90 Minuten“. Konrad Adenauer lebt bis ans Ende dieser Welt in dem Spruch fort, „Was kehrt mich mein dummes Geschwätz von gestern“. Leute wie Mr. Wirtschaftswunder Ludwig Erhard bleiben uns durch die unvermeidliche Zigarre in Erinnerung. Expräsi Walter Scheel ist der mit dem gelben Wagen. Und Kurt Kiesinger... Wer war das noch mal?

Rainer Barschel ist der, der in der Badewanne ertrank (nicht zu verwechseln mit Björn Engholm...tss, tss, Titanic!) Den Neger schoß Heinrich Lübke ab. Aber war Lübke statt Bundespräsident nicht in Wirklichkeit eine Romanfigur von Mark Twain?

Und die Helden von heute, wie werden wir uns dereinst an sie erinnern? Oskar Lafontaine wird der mit den Rotweinflecken auf der weißen Serviette sein. Helmut Kohl der mit dem Saumagen, wahlweise der vom Wolfgangsee. Bei Rudolf Scharping wären wir vor drei Wochen noch ratlos gewesen. Aber seitdem zeichnet sich ganz klar ein überlebensfähiges Profil heraus. Wann immer seit einer verhängnisvollen Rede im September in Unions-, aber auch Journalistenkreisen die Rede auf den SPD- Fraktionschef kommt, sagt garantiert einer nur ein Wort: Mexiko! Scharping hatte in einer Haushaltsdebatte den Lebensstandard der Deutschen mit dem der Mexikaner verglichen. So einfach kann man heutzutage schon nachhaltig in aller Munde sein. Und wenn dem SPD-Fraktionschef nicht die Gnade des Vergessens zuteil wird, wird die CDU im nächsten Wahlkampf statt roter Socken wohl einen Scharping mit Sombrero vorführen. Markus Franz

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