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Archiv-Artikel

Bollwerk Rote Flora

Der Besitzer der besetzten Roten Flora droht, die Immobilie in der Schanze zu verkaufen. Doch Sperrklauseln im Kaufvertrag machen einen Verkauf schwierig

Die unbefristete Nutzungsbindung würde an einen neuen Besitzer übergehen

Der Event-Investor und Eigentümer des autonomen Kulturzentrums Rote Flora, Klausmartin Kretschmer, hat gedroht, die Immobilie nach Ablauf des zehnjährigen Verkaufsverbots lukrativ zu verscherbeln. Die Flora wäre zum „Fremdkörper“ auf der Schanze geworden. Doch Sperrklauseln im Kaufvertrag könnten seinen Deal verhindern.

Kretschmer, der die besetzte Rote Flora 2001 von der Stadt kaufte, lässt derzeit kaum eine Gelegenheit aus, sich mit seinen Verkaufsabsichten ins Gespräch zu bringen. Angeblich lägen ihm Angebote von bis zu 19,3 Millionen Euro für das damals für 370.000 Mark erworbene Objekt vor. Im Interview mit dem Stadtmagazin Szene Hamburg droht Kretschmer sogar, die Flora bei den Bürgerschaftswahlen 2012 zum Machtfaktor werden zu lassen. Eine „brennende Flora“ wäre für schwarz-grün „kein Spaziergang“.

Dabei ist ein Verkauf des Gebäudes schwierig. „Der Vertrag ist zwar nicht bekannt“, sagt Rote Flora-Anwalt Marc Meyer. Aus Bürgerschaftsdrucksachen gehe jedoch hervor, dass beim Kauf eine „unbefristete Nutzungsbindung“ als selbstverwaltetes Kulturzentrum sowie ein Bauverbot vereinbart worden seien.

Die unbefristete Nutzungsbindung würde auch bei einem Verkauf an den neuen Besitzer übergehen, erklärt Meyer. Zudem müsste Kretschmer bei einem Verkauf den Differenzbetrag zwischen dem „aktuellen Verkehrswert als Stadtteilzentrum“ und Verkaufspreis an die Stadt abführen. Spekulativ betrachtet sei das „nicht gerade ein Highlight“.

Der ehemalige Altonaer Bezirksamtsleiter Hans-Peter Strenge (SPD), der die Besetzung 1989 lapidar als „Nichträumung“ bezeichnet und die Verkaufsverhandlungen 2001 als Justizstaatsrat begleitet hatte, bestätigt das. „Der Sinn war ja, dass Kretschmer mit der Flora nicht spekulativ umgeht und sie dann an Müller und Meier verkauft“, sagt Strenge. Die Einschränkung: Wenn sich das Umfeld um die Rote Flora verändert, wären Verhandlungen mit der Stadt zwecks Umnutzung möglich. Strenge: „Dann müsste Kretschmer mit der Stadt verhandeln.“

„Wir gehen davon aus, dass Kretschmer die Rote Flora verwerten will“, heißt es dazu aus der Roten Flora. Eine Räumung werde man „nicht kampflos hinnehmen“: Dann werde es „rappeln im Viertel“. Die Rotfloristen interpretieren die Medienauftritte Kretschmers als eine Mischung aus „Drohkulisse, Wichtigtuerei und Größenwahn“. Der Investor bleibe unberechenbar – „und das macht ihn gefährlich“.

KAI VON APPEN