: Böse Briefe von Genossen
■ Zwei SPD-Ministerpräsidenten rügen den Vorstand wegen der Steuerpolitik
Bonn (AP) – Gerhard Schröder und Henning Voscherau, SPD-Regierungschefs von Niedersachsen und Hamburg, sind über den Kurs ihrer Parteiführung in Steuerfragen erbost. Ihren Unmut teilten sie brieflich ihren SPD-Ministerkollegen mit. Auch bei Rudolf Scharping ging das Schreiben ein. Was darin steht, darüber schweigen sich die Angeschriebenen aus. Doch der Spiegel weiß, in dem sechsseitigen Brief werde heftige Kritik an den Plänen der Bonner SPD für das Kindergeld und das steuerfreie Existenzminimum geübt.
Die Verwirklichung der Oppositionsvorstellungen führe zu sinnloser Umverteilung und treibe sogar diejenigen ins Elend, denen die SPD helfen wolle, schreiben Schröder und Voscherau nach Darstellung des Spiegel. Hauptleidtragende einer unsoliden Finanzierung der Kindergelderhöhung seien letztlich die Gemeinden. Dort würden sich „Armutsquartiere mit schwerwiegenden sozialen Störungen“ ausbreiten. Scharping und der für die Finanzpolitik der SPD verantwortliche stellvertretende Parteivorsitzende Oskar Lafontaine wollen eine stufenweise Anhebung des Kindergeldes auf 250 Mark je Kind und eine allmähliche Aufstockung des Existenzminimums auf 13.000 Mark durchsetzen.
Von der Bundesregierung wurde diese Forderung bislang als nicht finanzierbar abgelehnt. Ein zweites Vermittlungsverfahren über das Jahressteuergesetz 1996 soll am 31. Juli in Bonn beginnen. Unverständnis für die Kritik der Genossen aus dem Norden zeigte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Ingrid Matthäus-Maier. Sie erinnerte daran, daß beide im Vermittlungsausschuß einem Kindergeld von 220 Mark sowie der Stufenlösung beim Existenzminimum zugestimmt hätten.
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