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■ Rollkommandos gegen Wiglaf DrosteBlind

Am 19. Dezember sollte Wiglaf Droste im LoLa, dem Bergedorfer Stadtteilkultur- und Kommunikationszentrum, lesen. Schon da hatten selbsternannte autonome Rollkommandos angekündigt, die Veranstaltung verhindern zu wollen. Die Lesung fiel aus, allerdings nicht, um den Autonomen nachzugeben, und schon gar nicht, weil ihre Vorwürfe stichhaltig warten (sie sind es in keinster Weise), sondern aus Krankheitsgründen.

Vorgestern nun wurde die Lesung nachgeholt. Sie konnte stattfinden. Allerdings mit Verzögerung und nach wütenden Auseinandersetzungen – in deren Verlauf ein Vereinsmitglied des Kulturzentrums ein Fingerglied verlor, seine Hand geriet zwischen Tür und Rahmen, als die Tür vor den Lesungsverhinderern geschlossen werden sollte. Nach einer Stunde zogen die Autonomen wieder ab.

Natürlich erkennt man sofort die Melodie. Wo Droste im vergangenen Jahr auch auftrat, wurden die Veranstaltungen in angeblich linken oder feministischen, tatsächlich aber blinden und mindestens unverhältnismäßigen Aktionen behindert. Der Mittwoch abend war die Wiederholung der Wiederholung der Wiederholung. Drostes letzter Hamburger Auftritt auf Kampnagel etwa war mit Buttersäure bedacht worden.

„Wiglaf Droste ist weder Faschist noch Stalinist, er verharmlost nicht den Massenmord, hat keine kleinen Kinder oder Frauen vergewaltigt, ist kein Ausländerfeind und zerstört nicht mutwillig die städtischen Grünanlagen.“ Mit diesem entwaffnenden Satz stellten sich die LoLa-Mitarbeiter in einer Presseerklärung vor ihren Gast. Sie taten gut daran, dem hysterischen Gesinnungsdruck nicht nachzugeben. Wer selbst jemals einen Text von Droste gelesen hat – in den vergangenen Wochen gab es ja im überregionalen Teil dieser Zeitung wieder vermehrt Gelegenheit dazu –, weiß, daß da nichts drinsteht, die eine monatelange Hetze und handgreifliche Zensurversuche rechtfertigen.

Aber es geht den Autonomen ja (wenn es das jemals getan hat) gar nicht mehr um Droste selbst. Da wurde jemand zum Abschuß freigegeben. Und die Autonomen hängen sich rein und treffen, man mag es gar nicht mehr noch einmal hinschreiben, den Falschen. Es werde selig, wer glaubt, daß das linke Praxis sein soll.

Dirk Knipphals

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