: Bleierne Dialoge, geplustertes Pathos
■ Margarethe von Trottas neuer Film „Die Rückkehr“
Eins muß man ihr lassen: Margarethe von Trotta bleibt sich treu: Die Rückkehr knüpft erbarmungslos weiter, was in Heller Wahn (1983) schon kaum mitanzusehen war. Unverdaute Gefühle, bleierne Dialoge, geplustertes Pathos — auch 1990 soll im dunklen Kinosaal tief (mit)gefühlt werden.
Wie sich aus Rückblenden und Wortschwällen rekonstruieren läßt, geht es um trianguläre Verstrickungen. Anna (Stefania Sandrelli) hat ihrer Freundin Martha (Barbara Sukowa) den Journalisten Victor (Sami Frey) ausgespannt und ihn geheiratet. Nachdem die enttäuschte Freundin nach Afrika geflüchtet ist, wird die Ehefrau krank, denn Krebs war schon immer eine gute Metapher. Das Schuld-Geschwür (hat die böse Freundin vielleicht ein Voodoospießchen gespickt?) muß raus, also wird Martha zwecks Exorzismus hergebeten. Als die drei in Paris aufeinandertreffen, starren sie meist bedeutungsschwer ins Nichts. Oder zerfleischen sich verbal. Denn Anna ist anschmiegsam, Martha intellektuell-zickig und Victor ein farbloser Macho. Zwischendurch gibt ein nachbarlicher Voyeur mit Wahrsagerkugel Lebensweisheiten zum besten.
Musik, jazzig-melancholisch oder verzehrend-geigig, diktiert den Abstieg in Gefühlstiefen. SchauspielerInnen geben große Gesten, um gefühlsecht zu sein. Banales wird wortgewaltig für die Ewigkeit fixiert. Bilder wollen das Leben lebensecht einfangen — im Krankenhaus ist es bläulich steril, in der Wohnung goldbraun und bourgeois gemütlich, in der Provinz herbstlich-rustikal und in gestrickten Pullis. Obwohl sich alle wirklich abmühen, gerät das Seherlebnis zur Strapaze.
Nachdem Anna zwecks Genesung ein Gelübde abgelegt hat, schlürft sie Wasser aus einem bretonischen Zauberbrunnen und umarmt zu später Stunde Hinkelsteine. Derweilen schlägt das Begehren die Daheimgebliebenen auf dem Wohnzimmerteppich nieder. Unter Obhut des väterlichen Nachbarn triumphiert nach 105 Minuten endlich die Frauen-Solidarität, und die Damen reisen nach Afrika. Natürlich nicht ohne esoterische Wegzehrung: „Kommen lassen, was kommt. Vorübergehen lassen, was vorübergeht. Empfangen, nicht aneignen.“
Wahrscheinlich wird der Held ihnen nachreisen. Oder sublimieren und ein Buch schreiben. Sagt zumindest die glasklare Kugel. Zum Glück bleibt uns das erspart. Es sei denn, Margarethe von Trotta braucht noch Zutaten für ihren nächsten Film. Michaela Lechner
Margarethe von Trotta: Die Rückkehr , mit Barbara Sukowa, Stefania Sandrelli, Sami Frey, BRD/F/I 1990, 105 Min.
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