: „Bleibt und erzählt der Welt, was passiert“
■ Wer will die Journalisten in Mogadischu loswerden – Aidid oder die UNO?
Mogadischu (AFP) – Unter den ausländischen Journalisten in Mogadischu herrscht Galgenhumor. Stellungnahmen von UN- und US- Sprechern nähren Gerüchte, daß Anhänger von General Aidid Journalisten und Mitarbeiter ausländischer Hilfsorganisationen als Geiseln nehmen wollen, um die Freilassung des Aidid-Finanziers und -Beraters Osman Ato zu erzwingen. Italienische und ägyptische Offiziere erschienen schon am Donnerstag abend im Hotel Sahafi in Mogadischu und forderten einen amerikanischen Reporter auf, sich „in Sicherheit“ zu bringen. Der Journalist ließ daraufhin panikartig seine noch halb volle Bierdose zurück, klappte seinen Laptop-Computer zusammen und sprang auf ein gepanzertes Fahrzeug, das Kurs auf das inzwischen einer belagerten Festung gleichende UN-Hauptquartier nahm. Sechs seiner Kollegen zogen es dagegen vor, im Sahafi auszuharren. Aus ihren Zimmern drönt Rockmusik, gelegentlich unterbrochen vom Geräusch ferner Gewehrsalven.
Fünf Journalisten sind seit Juni in Somalia getötet worden. Die großen US-Fernsehsender CNN und NBC haben Mogadischu inzwischen verlassen, nachdem fünf für CNN angestellte Somalier getötet wurden. Andere, die geblieben sind, spekulieren, daß die UNO ein Interesse daran haben könnte, kritische Reporter loszuwerden.
Ein Aidid-Sympathisant, dessen Vater von den UN-Truppen gefangengehalten wird, dementiert die Gerüchte über bevorstehende Geiselnahmen. „Wir können euch nicht daran hindern, das Land zu verlassen“, sagt er. „Aber wir sehen es lieber, wenn ihr bleibt und der Welt erzählt, was in Somalia vor sich geht.“ David Chazan
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