: Black & White – Geschichten aus dem neuen Südafrika Von Bartl Grill
Daß man in Südafrika mit Farben vorsichtig umgehen muß, haben wir neulich wieder einmal gemerkt. Wir hatten beschlossen, die abgeblätterte Eingangstür zu Princess' Unterkunft frisch zu streichen. Zur Erinnerung: Princess ist „unsere“ Maid. Bei Jack's Paint gab es gerade wunderschöne Farben im Angebot, zum Beispiel dieses südfruchtige, tropenfröhliche Orange. Gesehen, gekauft, heim damit und aufs Holz gepinselt. Erst war Princess sprachlos, Dann entfuhr ihr ein langgezogenes „Iiiischschh!“ – „Oranje, niemals an meinem Haus! Das ist die Farbe von Chief Buthelezi und de Klerk!“ Ausgerechnet Oranje, die Lieblingsfarbe der Buren und der Zulus von Inkatha, ausgerechnet an der Tür der strengen ANC-Anhängerin Princess – heilige Kuh, was für ein Fauxpas! Wir haben uns dann gemeinsam für Perlweiß entschieden. Das symbolisiert Reichtum und Schönheit, weshalb junge schwarze Frauen ihre Haut oft und gerne mit giftigen Aufhellern, Spezialcremes und Kortisonsalben traktieren.
Auch bei Gelb heißt es aufpassen, allerdings nur beim Autokauf. Butterblumengelb sind nämlich die Wannen der verhaßten South African Police; wer in solchen Autos durchs Township kurvt, fängt sich leicht ein paar Steine ein. Auch Khaki, bevorzugt getragen von Neonazis und Rassisten, ist nicht zu empfehlen: Touristen werden in solchen Braunhemden gelegentlich mit Terroristen verwechselt. Schließlich Maiengrün, auch nicht unproblematisch: Die Springbokkies der Rugbynationalmannschaft der Blanken, pflegte in solchen Trikots aufzulaufen. Umgekehrt sehen manche Weiße rot bei Schwarz/Gelb. Diese Kombination schmückt die Fahnen des ANC und der schwarzen Nationalisten vom PAC. Unverfänglich ist sie auf den Jerseys der Kaizer Chiefs, der besten Fußballtruppe am Kap. Und sonst? Welche Farben sind harmlos, unprätentiös? Puppenrosa zum Beispiel und Veilchenblau, oft auf Lid und Lippe der Burenfrau zu finden. Oder Moosgrün, von Xhosas gerne als Außenanstrich ihrer Rundhütten verwendet. Oder Himmelblau, von der hiesigen Friedensbewegung benutzt. Aber viel Unschuld ist im Reich der Farben nicht. Deswegen war es ziemlich knifflig, eine neue Flagge für das neue Südafrika zu malen. Jetzt ist sie da: ein Ypsilon in der Horizontale, viel Grün, dazu Rosenrot und Kadmiumblau, ein bißchen Tintenschwarz sowie Zitronengelb. Von jedem etwas, United colours of South Africa. Nur eine Farbe fehlt: Oranje.
Ein Y, flachgelegt, das Symbol des zerbrochenen Kreuzes, darüber ein kommunistenroter Streifen: Das sei die Fahne des Antichristen, schreit Eugene Terreblanche („Weiße Erde“), der Führer der rechtsextremen Afrikaaner Weerstandsbeweging. Sieg oder Tod! Nie und nimmer darf man dieses Schandwerk annehmen.
Dringend gesucht wird weiterhin ein Nationalsymbol. Der Krügerrand? Viel Wert, wenig Moral. Ein Löwe? Hat heutzutage jedes zweite Landratsamt im Briefkopf. Eine Blume wie die schöne Protea? Halt! rufen die Kenner der Apartheid-Botanik. Das erlauchte Gewächs war das Emblem der weißen Universitätssportler, bei deren Leibesübungen Schwarze bekanntlich nicht mitmachen durften. Unser Vorschlag: Wie wär's mit dem Zebra? Das wohnt in Afrika, benimmt sich allzeit friedlich und ist schwarz-weiß.
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