: Bis zur nächsten Affaire
■ Emmanuelle Béart ist mal wieder Eine französische Frau
Der Hochseilakt ist im Kommen. Das riskante Spiel der Körper, der drohende Abgrund, das Zupacken im richten Augenblick. Das ist immer gut für eine Metapher, wenn ein Film normverletzende Sexualität zum Thema hat. Erst When Night Is Falling mit lesbischer Liebe als Balance am Rande der Gesellschaft, die zugleich höchste körperliche Übereinstimmung parat hält. Ein wenig schlicht geriet hier die Bildsprache. Und jetzt Eine französische Frau von Régis Wargnier. Französisch steht hier für leidenschaftlich, selbstbewußt, untreu. Die Liebschaften also sind es, für die die Trapeznummer herhalten muß, und es gelingt dem Film spielend, noch ein wenig banaler zu werden. Entweder es klappt, oder man fällt hart auf die Nase.
Emmanuelle Béart und Daniel Auteuil mühen sich redlich, wenngleich vergeblich, einem die Geschichte eines Soldaten und seiner untreuen Ehefrau nahezubringen. Er befindet sich ständig im Krieg, von Indochina bis Algerien, sie tröstet sich derweil mit anderen Liebhabern. Während seine Familie ihr mit zunehmender Ablehnung begegnet, verzeiht er ihm immer wieder – bis zur nächsten Affäre. Sie hungert nach Liebe, die Gesellschaft reagiert mit Ausgrenzung. Großes Pathos, aufbrandende Musik und bedeutungsschwangere Dialoge können nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier doch nur ein Klischee aufgekocht wird: So ist sie eben, die französische Frau.
Hinzu kommt, daß Regisseur Régis Wargnier mit seinen beiden großartigen Darstellern einfach nichts anzufangen weiß. Sie sitzen, stehen und rennen in den akkuraten Dekors herum, um dann, wenn das Geschehen kulminiert, mit starrem Blick in Großaufnahmen zu versanden. Hölzern wie Marionetten wirken sie in dem erlesen arrangierten Geschehen.
Besonders schade ist das im Fall von Emmanuelle Béart. Obwohl der Film sie eigentlich geradzu hymnisch feiern will, muß man doch ständig an andere Filme denken, die sie weit wirkungsvoller eingesetzt haben – zumal sich die Konstellationen durchaus ähneln. Etwa in der Dreiecksgeschichte Ein Herz im Winter, die an der Oberfläche wesentlich unterkühlter geriet. Oder in die Die Hölle, wenn Chabrol sein ironisches Spiel mit der Eifersucht treibt und Emmanuelle Béart ins Zentrum grotesker, fiebriger Wahnvorstellungen stellt, die bei Wargnier von der wirbelnden Kamera ersetzt wird. Ebenso drängt sich Die schöne Querulantin auf, denn den voyeuristischen Blick, der dort so gänzlich fehlt, kann sich Wargnier nicht immer verkneifen.
Und so krabbelt die französische Frau allenfalls über den Schwebebalken, denn so tief kann man da ja zum Glück nicht fallen.
Sven Sonne
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