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Archiv-Artikel

Biokaffee und ökologischer Sex

betr.: „Die Krise der Umweltbewegung“, taz vom 27. 10. 04

Mit seinem vielfachen „Man müsste“ wendet Bode sich an die Funktionärsschicht der Umweltbewegung, nicht an die Bewegung selbst. Diese Bewegung muss aber die Funktionäre erst in Bewegung bringen. Und wie soll sie das tun? Mir bleibt unklar, wie ich – als Teil der Bewegung – zugunsten von Bodes Forderungen aktiv werden soll. Ich bin schon voll beschäftigt damit, bio einzukaufen, öko mein Geld anzulegen, mich naturheilkundlich behandeln zu lassen, Car-Sharing zu machen, baubiologisch zu renovieren, nachhaltig zu reisen und bei „Waschbär“ Zutaten für ökologischen Sex zu bestellen.

All das befindet sich in unserer Gesellschaft im Aufwind, und ich fühle mich gut damit. Propagieren will ich es aber auch noch. Gegenwärtig versuche ich, meine Kirchengemeinde zum neuen Biokaffee zu bekehren, den „Brot für die Welt“ kreiert hat. Eine Herkulesarbeit immer noch! Ich habe also zu tun. Am Ende soll es ja nicht nur mir gut gehen, sondern Millionen anderen. Das will ja nicht nur Thilo Bode; das will ich ja auch. Aber das absorbiert mich auch ganz schön. Und „ganz schön“ im doppelten Sinne: Es macht wirklich Spaß. So leid mir’s andererseits tut, denn ich habe keine Zeit mehr dafür, meine Funktionäre nun auch noch für die Kopfpauschale und gegen Windräder heiß zu machen. So Recht Thilo Bode auch bestimmt hat.

HANS-PETER GENSICHEN, Wittenberg