: Billiglöhne am Bau
■ Blüm legt nationale Richtlinien vor
Bonn (AFP/dpa) – Im deutschen Bausektor sollen Arbeitskräfte aus der Europäischen Union künftig nicht mehr zu Billiglöhnen beschäftigt werden können. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) legte gestern in Bonn den Entwurf einer entsprechenden nationalen Entsenderichtlinie vor, die jetzt von Ländern und Verbänden diskutiert werden soll. Die auf zwei Jahre befristete Entsenderegelung solle noch 1995 in Kraft treten, sagte er. Mit dem Gesetz soll verhindert werden, daß durch die Beschäftigung ausländischer Billigarbeiter weitere deutsche Bauarbeiter ihre Stellen verlieren und mittelständische Bauunternehmen pleite gehen. Während 1994 über 150.000 ausländische EU-Arbeitnehmer im Bausektor tätig gewesen seien, sei die Arbeitslosigkeit bei deutschen Bauarbeitern stark angestiegen.
Blüm betonte, damit folge die Bundesregierung dem Beispiel anderer EU-Staaten wie Frankreich und Österreich, die teils – wie Belgien – schon seit längerem nationale Regelungen eingeführt hätten. Eine EU-einheitliche Lösung sei bisher am Widerstand von Irland, Portugal und Großbritannien gescheitert. Der Minister erläuterte, die zwingende Wirkung werde auf das Lohnniveau der jeweils untersten Lohngruppe des einschlägigen Tarifvertrages im Bauhauptgewerbe beschränkt. Damit könne durch entsprechende tarifvertragliche Regelungen jedem Bauarbeiter, der aus dem Ausland entsandt ist, vom ersten Tag an ein tariflicher Lohn in dieser Höhe garantiert werden.
Die Kontrolle der Einhaltung dieser Arbeitsbedingungen soll durch die Länder erfolgen. Bei Verstößen können Bußgelder bis zu 50.000 Mark verhängt werden. Blüm legte Wert auf die Feststellung, Bonn stehe einer EU-weiten Regelung nicht im Wege. Jedoch könne die Bundesregierung „nicht warten, bis sich Europa einigt“. Der Gesetzentwurf ist jetzt mit der Versendung an Länder und Verbände offiziell auf den Weg gebracht.
Nach Blüms Angaben arbeiten die ausländischen Bauarbeiter mit Stundenlöhnen ab 4,65 Mark (portugiesische), während deutsche Bauarbeiter im Schnitt 20,40 Mark erhielten. Die Zahl der arbeitslosen deutschen Bauarbeiter gab er mit 137.000 an, davon seien 40 Prozent Facharbeiter und 73 Prozent unter 40 Jahre.
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