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Archiv-Artikel

Bildungsbürger und das Tarifrecht

betr.: „Ach, die Miesemuckels von nebenan“, taz vom 3. 6. 2003

Klaus Harpprecht darf seinen Esprit an den IG-Metall-Streik in Ostdeutschland verschwenden. Natürlich kann man von einem deutschen Intellektuellen nicht erwarten, dass er mit dem Tarifrecht so vertraut ist wie mit den Romanen von Thomas Mann.

Doch etwas mehr Gedankenarbeit für KollegInnen, die trotz hoher Arbeitslosigkeit für ihre Rechte als Beschäftigte kämpfen, darf man wohl verlangen. Von Pierre Bourdieu hätte der frankophile Autor lernen können, dass die Errungenschaften des europäischen Sozialstaats nicht weniger wertzuschätzen sind als Werke von Kant, Beethoven, Pascal und Mozart. Aber dazu müsste man auch wissen, wer letztlich verliert, wenn viele verzichten. Dass Klaus Harpprecht die Lebensverhältnisse der von ihm Bespöttelten nicht kennt, gehört zum Elend dieser Gesellschaft.

Die Bildungsbürger dürfen, ja sollen ihre Traditionen pflegen, die Ost-Metaller hingegen werden zu Bebel lesenden Witzfiguren abgestempelt. Vielleicht sind Bohlen und Effenberg konsumierende, aber pflegeleichte Arbeitnehmer ihm genehmer? Wer das nicht lustig findet, mag humorlos sein; allein, an solchem Esprit haben wir keinen Bedarf. MARION FISCH, Hamburg