Bildung in Berlin und Brandenburg: Per Klick in den Hörsaal
Das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam bietet seit Montag kostenlose Kurse im Internet an. Die Berliner Unis sind noch nicht so weit.
BERLIN taz | Eigentlich sieht die Vorlesung aus wie jede andere. Der Professor erzählt, was im neuen Semester an Wissen vorausgesetzt wird, steigt schnell in die Details ein und warnt: Es könnte technisch werden. Große Spannung kommt da nicht auf, der Hörsaal ist nur halb gefüllt.
Die Informatik-Vorlesung ist trotzdem etwas Besonderes: Etwa 10.000 Studenten haben sich für die Veranstaltung angemeldet. Der Kurs wird vom Hasso-Plattner-Institut (HPI) für Informatik kostenlos im Netz angeboten. Teilnehmen kann jeder auf der eigens eingerichteten Onlineplattform „Open HPI“ – gleich, ob Student, Berufstätiger oder Rentner.
Das Institut will damit eine „neue Ära der Wissensvermittlung einleiten“, sagt Sprecher Hans-Joachim Allgaier. Das ist etwas hochgegriffen. Mehr als die meisten Berliner Universitäten im Internet bietet die Plattform dennoch.
Die erste Vorlesung gibt Softwareunternehmer Hasso Plattner selbst – er ist einer der Hauptgeldgeber des nach ihm benannten Instituts. Die Einrichtung ist ein der Uni Potsdam angegliedertes Institut, etwa 450 Studenten lernen dort. In den kommenden zwei Monaten werden jeden Montag neue Arbeitsmaterialien bereitgestellt: Die Studenten können auf der Plattform Vorlesungsmitschnitte auf Englisch und Deutsch anschauen.
Dazu gibt es einzelne Kapitel aus einem Lehrbuch und Übungsaufgaben, um das erworbene Wissen selbst zu testen. Am Ende des Informatik-Kurses, der sich eher an Fortgeschrittene richtet, bekommen die Teilnehmer ein Zertifikat. Vergleichbar mit einem Schein an der Uni ist dieses allerdings nicht.
Weitere Funktionen werden freigeschaltet
Die anderen Berliner Universitäten experimentieren zwar ebenfalls mit Onlineangeboten. Eine Nutzung in der Lehre ist an der FU, HU oder TU jedoch eher die Ausnahme. E-Learning beschränkt sich dort oft auf den Download von Seminartexten. Der Einsatz von Videomitschnitten oder iPads dient meist der PR – ist jedoch nicht in ein didaktisches Konzept eingebunden.
Das soll auf der Onlineplattform des HPI anders werden: Die Studenten sollen in Foren die Inhalte diskutieren können und werden von wissenschaftlichen Mitarbeitern des Instituts betreut. Im Laufe der Woche soll zudem eine weitere Funktion freigeschaltet werden. Die Nutzer können dann sehen, wo andere Teilnehmer wohnen, und sich mit ihnen für Arbeitsgruppen verabreden. Auch Videobesprechungen und die Arbeit an gemeinsamen Texten in der Gruppe sollen auf der Plattform möglich sein.
Das Vorbild für das HPI sind die USA: Viele Unis haben sich dort auf mehreren Plattformen zusammengeschlossen. Für die Onlinestudiengänge muss man auch in den USA nichts zahlen, Abschlüsse und Zertifikate kosten hingegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen