: Bild versus Klang
■ Hamburg Oper: Wiederaufnahme von Harry Kupfers „Tannhäuser“-Inszenierung
Vor drei Jahren, bei der Premiere mit dem erkälteten Rene Kollo, murrten und empörten sie sich noch im Angesicht der ersten Bilder von „Tannhäuser“, die Damen und Herren im Parkett: Halbnackte (wenn auch etwas verschämt) in SM-Garderobe mit animalischen Geschlechtsattrappen beim fingierten GV zieren das Bacchanal im Venusberg. Doch diesmal waren die Pelztiere brav und am Ende gab es sogar eine nicht ganz verständliche Sturmflut an Bravos.
Denn auch bei der Wiederaufnahme am Sonntag, die verbunden wurde mit dem 25. Bühnenjubiläum von Harald Stamm, gefiel die Inszenierung besser als die Sänger. Harry Kupfers kluge Bildführung, die die exzentrischen ebenso wie die biederen Momente geschickt verbindet und in die bedrohliche Bewegung zweier Weltenmauern stellt, fesselt mit hintergründigen Seitenhieben und einer flott geführten Handlung. Sein tannhäusersches Wechselspiel zwischen unterbewußten Lustträumen und kollossaler Bürgerlichkeit ist als Interpretation sicherlich nicht übermäßig orginell, aber in der Ausführung logisch und unter gescheiter Vernachlässigung des allzu grellen Aufstrichs ein stimmiges Werk.
Die fettarme Darbietung von Wolfgang Fassner in der Titelrolle und Linda Plechs Elisabeth dagegen ließen im Ausdruck zu wünschen übrig und ernteten eine ordentlich Portion „Buhs“ von den Fachleuten auf den billigen Plätzen. Livia Budai gab ihre Venus zwar technisch nicht einwandfrei, dafür mit Herzblut und Bariton Andreas Schmidt als Mamas liebster Wolfram von Eschenbach verlieh der undankbaren Figur des immer loyalen Christenmenschen stimmlich und darstellerisch Kontur. Ein solider Bassist Stamm erntete seinen Extra-Applaus mehr des Jubiläums wegen. Gerd Albrecht führte schließlich seine Philharmonie zu einem diesmal rundum gelungenen Wagner-Gang. tlb
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