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Bikini-Banden & Polit-Posen

„Bond ist ein bürgerlicher Bengel!“: Das 3001 zeigt einen zweiten Teil der Female Trash Movies  ■ Von Tim Gallwitz

Der Begriff „Trash“, vom Oxford Dictionary als „material of poor quality“ definiert, hat Karriere gemacht. Gilt es, kulturelle Produkte mit wahlweise rauher, billiger oder schräger Oberfläche zu beschreiben, ist auch das Wörtchen „Trash“ nicht weit. Nur zu verständlich, sucht einer bei der deutschen Konkurrenz namens „Schund“ mit ihrem oberlehrerhaften Bierernst doch jeglichen Spaß vergebens. Und Ironie ist eine nachhaltig empfohlene Begleiterin für die „Female Trash Movies 2“.

War der erste Teil der Reihe im März noch durch das Motiv weiblicher Rache verbunden, fehlt der Fortsetzung ein solcher Kitt. Lediglich die Queen of Outer Space (1958) von Edward Bernds dockt an das Motiv an. Die Venus, auf die eine – ganz im Wortsinn: – „bemannte“ irdische Rakete verschlagen wird, ist nämlich männerfrei seit Regentin Ilyana das Kommando führt. Deren Unnachsichtigkeit gegenüber dem anderen Geschlecht rührt von einer Verletzung durch den Krieg der Männer: Ihr Gesicht – von einer Maske verborgen – ist entstellt. Da die Gepflogenheiten erotischer Anziehung denen der 50er-Jahre-Erde gleichen („Twenty million miles from earth and the dolls are just the same“), bedeutet die Entwertung von Körperkapital Chancenlosigkeit auf dem Marktplatz der Geschlechter: Die Beseitigung der nachfragenden Subjekte ist Ilyanas Rache.

Ist die „Herr“-schaft auch abgeschüttelt, Frieden geschlossen, hapert es auf der Venus allein mit der Zufriedenheit. „Thousands are desperately seeking for the old order“, heißt es, und Kalte-Krieg-Chiffren dräuen herauf. Zsa Zsa Gabor als Gegenspielerin führt die reaktionäre Rebellion an und das rollende „R“ ins Venus-Englisch ein. Die Erdenmänner und Zsa Zsas Glamour: So alt das Versprechen von Romantik und Chic, so patinabehaftet die Oberfläche. Charmant wie ein viragierter S/W-Film, ist das ausgeblichene Farbspiel, wenn Handschuhe im braun-weißen Farbeinerlei rot herausstechen und Zsa Zsas geschlitzte Kostüme bekunden, dass Farben und Stimmungen Geschwister sind.

Primitive Special-effects, Bakelit im Cockpit, die Attacke der Riesenspinne: das ist besagte „poor quality“. Nicht minder trashig, doch anders vorgetragen, das weitere Programm. Insgesamt an Explizitheit kaum zu übertreffen, bemüht sich Liebesgrüße aus Fernost (1973) auch per deutschem Titel gar nicht erst, sein Vorbild zu verschleiern. 70er-Jahre-Proll-Agent Harper (Ross Hagen) deklamiert in Pseudo-Polit-Pose: „Bond ist ein bürgerlicher Bengel“ und hängt den Supermacker raus: „Ich habe einen großen Hammer!“ Gerufen, einer Bande in Bikinis das Handwerk zu legen, lässt der Mann im weißen Anzug mit weiß-rosa gestreiftem Hemd und Krawatte keinen Ismus aus, der alle auf die Straße treibt, denen das Herz immer noch links schlägt. Die Synchronisation lässt selbst die Sprüche und Selbstgespräche aus der Humor-hölle eines Terence Hill weit hinter sich.

Dabei hat die Story durchaus Esprit. Eine Amazonen-Gang kidnappt überzüchtete Athleten, um sie als Ersatzteillager für minderbekörperte Mehrbemittelte zu nutzen. Und auch das 70er-Dekor, etwa die OP-Kleidung im Cellophan-Stil, hat mitunter echte Klasse. Rückschlüsse vom Titel auf den Inhalt gehen bei Cannibal Girls (1972) ebenfalls nicht fehl. Als Meat-Movie zwar dem Texas Chainsaw Massacre (1974) verwandt, splattert es jedoch in entschieden leichterer Comedy-Gewichtsklasse. Die zweite Regiearbeit von Ivan Reitman (Twins, Ghostbusters, Junior) fährt Diskurs-Trittbrett im Kommune- wie Charles Manson-Orbit und amüsiert mit „Violence Warning Gimmick“: Gore-Effekte werden mit Horn an- und Glocke abgemeldet.

Queen of Outer Space: Do,, 16. + Fr, 17. September , 22.30 UhrLiebesgrüße aus Fernost (Wonder Woman): Sa, 18. + So, 19. + Mo, 20. September, 22.30 UhrCannibal Girls: Di, 21. + Mi , 22. September, 22.30 Uhr, alle Metropolis

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