■ Sparen am falschen Ende: Bettenburgen füttern
Der Gesundheitssenator spart – an allen Ecken und Enden, so heißt es. Bei Licht besehen spart er jedoch vor allem an den Zuwendungsempfängern, im Selbsthilfebereich, bei den Frauen. Jetzt sind also die HIV-Infizierten und die Aids-Kranken dran. Was in Berlin vor sieben Jahren hoffnungsvoll als Bundesmodellprogramm begann, 1991 dann vom Land weitergetragen wurde, soll dem Rotstift zum Opfer fallen. Wenn die bezirklichen Aids-Beratungsstellen verschwinden, werden nicht nur 2.000 bis 3.000 Kranke ohne Begleitung sein, 150 Substituierte nicht mehr betreut, über 10.000 Testberatungen nicht mehr geführt. Es werden auch politische Signale gesetzt: Man will die Schmuddelkinder nicht mehr, Berlin war lange genug deren Metropole.
Denn der Sparwille allein kann es nicht sein. Schon im Frühsommer legte die Liga der Berliner Wohlfahrtsverbände ein umfassendes Reformprogramm vor unter dem bezeichnenden Titel „Sparen und gestalten“. Fast anderthalb Milliarden könne der Senat einsparen, wenn er in die ambulante Versorgung investiert, statt stets die Krankenhäuser zu füttern, so die These. Millionen würden zum Fenster hinausgeworfen, um etwa Jugendliche in Heimen oder Alte in Chronikerbetten aufzubewahren, statt sie in angemessenen betreuten Wohnformen unterzubringen. Von Umstrukturierungen dieser Art ist keine Rede. Die heiligen Kühe in Form von Bettenburgen werden weiter gemästet. Jede unterlassene Beratung, jedes eingesparte ambulante Angebot aber treibt die Kranken schneller als nötig in den sogenannten stationären Bereich. Das wird dann erst recht teuer. Corinna Raupach
Siehe Bericht Seite 22
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