: Betrugsskandal in der Krebsforschung
■ Die Krebshilfe und DFG stoppen alle Forschungsgelder für die Wissenschaftler
Gleich zwei Kommissionen gehen den Betrugsvorwürfen gegen den Ulmer Professor Friedhelm Hermann und seine ehemalige Laborleiterin Marion Brach nach. Hermann, der zu den renommiertesten Molekularmedizinern hierzulande gezählt wird, und seine Kollegin Brach sollen zwischen 1994 und 1996, als sie noch am Berliner Max-Delbrück-Centrum (MDC) tätig waren, Forschungsergebnisse gefälscht und damit Fördermittel erschlichen haben. Hermanns Team arbeitete an Methoden, mit denen Tumorzellen wirkungsvoller vernichtet werden können.
Die Medizinische Fakultät der Uni Ulm reagierte auf die Vorwürfe „mit Empörung und Bestürzung“. In einer ersten Erklärung heißt es: „Die Datenmanipulationen sind so gravierend, daß sie einen schweren Schlag für das Ansehen der deutschen Wissenschaft bedeuten.“ Hermann wurde aufgefordert, bis zur Aufklärung des Skandals „seine akademischen Rechte und Pflichten“ ruhen zu lassen. Das MDC und die Universitäten in Ulm sowie in Lübeck – dort hat Brach derzeit eine Professorinnenstelle – haben eine gemeinsame Untersuchungskommission eingerichtet. Deutliche Worte kamen auch von Professor Detlev Ganten, Leiter des Max- Delbrück-Centrums in Berlin- Buch: „Frau Marion Brach und weitere bislang nicht genannte Mitarbeiter geben uns glaubwürdige Hinweise, daß Forschungsergebnisse gefälscht worden sind.“ Es sei der größte Forschungsskandal Deutschlands, so Ganten.
Die Deutsche Krebshilfe hat erst einmal alle Fördermittel an die beteiligten Arbeitsgruppen eingefroren. „Wir behalten uns auch vor, die bisher schon ausgezahlten Gelder zurückzufordern“, erklärte Malte Wittwer von der Krebshilfe. Hermann hatte von der Stiftung 680.000 Mark erhalten. Auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat den Geldfluß an Hermann gestoppt. Die von der DFG einberufenen Experten, die den Betrugsvorwürfen nachgehen sollen, werden nicht vor Ende Juni mit ersten Ergebnissen aufwarten können. Laut Focus haben jetzt auch die Staatsanwaltschaften Ulm und Lübeck Vorermittlungen gegen die zwei ehemaligen Mitarbeiter des Berliner Forschungszentrums aufgenommen.
Ein Allheilmittel gegen gefälschte Forschungsergebnisse gebe es nicht, meint Wittwer von der Krebshilfe. Letztlich könnten Betrügereien nur aufgedeckt werden, wenn die publizierten Daten und Fakten von anderen Forschern mit eigenen Experimenten überprüft würden. Wolfgang Löhr
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