Betreuer für Pflegebedürftige: Pflegerinnen weltweit gesucht
Im Jahr 2030 werden in Deutschland eine halbe Million Pflegekräfte fehlen. In einem Pilotprojekt werden bereits Pflegerinnen aus China angeworben.
BERLIN taz | Deutschland droht einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung zufolge ein erheblicher Mangel an Betreuungskräften für Pflegebedürftige. Danach steigt der Bedarf an Pflegekräften bis zum Jahre 2030 um rund 50 Prozent. Eine halbe Million Stellen für Vollzeitkräfte könnte in der Pflege unbesetzt bleiben.
Laut des „Pflegereports 2030“, so der Name der Studie, stellt sich die Situation für die einzelnen Bundesländer und Kommunen sehr unterschiedlich dar. Die Modellrechnungen weisen etwa für den Stadtstaat Bremen im Zeitraum von 2009 bis 2030 eine Zunahme der Pflegebedürftigen um 28 Prozent aus, während die Zahl der Pflegebedürftigen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg um 56 bis 72 Prozent steigen wird.
Im Jahre 2009 waren in Deutschland 2,34 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung. Diese Zahl werde sich bis ins Jahr 2030 auf 3,4 Millionen erhöhen, schätzten die Autoren der Studie. In die Zahl der fehlenden Betreuungskräfte sind allerdings sowohl Fach- als auch Hilfskräfte und Nichtpflegekräfte wie etwa KöchInnen einberechnet.
Es mangelt an Fachkräften
Derzeit fehlen im Pflegebereich vor allem Fachkräfte, also examinierte AltenpflegerInnen, die eine dreijährige Ausbildung durchlaufen haben. „Die werden händeringend gesucht“, sagt Steffen Ritter, Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege.
Im Rahmen eines Pilotprojektes mit dem Arbeitgeberverband Pflege, der Bundesagentur für Arbeit und zuständigen Stellen in China sollen dort 150 ausgebildete Pflegefachkräfte angeworben und in einem achtmonatigen Sprachkurs in China auf ihren Einsatz in Deutschland vorbereitet werden. Der hiesige Einsatz des Fachpersonals ist ab Ende 2013 geplant, so Ritter. In China habe die bis zu vierjährige Ausbildung zur Pflegerin ein hohes „Fachschulniveau“. Viele Fachkräfte sind dort aber arbeitslos.
Auch das private Bildungsunternehmen Baltic Sea International Campus will Pflegekräfte aus China in Deutschkursen qualifizieren und hier einsetzen; eine Kooperation mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband war angekündigt. Die BewerberInnen gebe es, nur bekämen sie derzeit kein Visum. „Wir warten darauf, dass sich die rechtliche Situation klärt“, sagte Peter Jochimsen, Präsident der Gesellschaft, der taz.
Bei der Anwerbung der bereits genehmigten 150 chinesischen Pflegekräfte mithilfe des Arbeitgeberverbandes handele es sich um ein „Pilotprojekt“ , betonte jedoch Beate Raabe, Sprecherin der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit. Man müsse erst die Evaluierung dieses Projektes abwarten, bevor man weitere Projekte genehmigen könne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“