piwik no script img

Betr.: "Wolfgang Koeppen: Ich?", Porträts von Nomi Baumgartl

1985 sollte die Fotografin Nomi Baumgartl Wolfgang Koeppen fürs Zeit-Magazin porträtieren. Sie besuchte ihn in seiner Münchner Wohnung, wo er sich hinter einen Schutzwall aus Büchern und alten Zeitungen zurückgezogen hatte. 1987 folgte, im Auftrag der Weltwoche, eine Reise nach Venedig, die Koeppen am liebsten ausgedehnt hätte zur Reise um die ganze Welt. Verschmitzt und ein bißchen bucklig, im dunklen Mantel, den Kopf neugierig vorgestreckt, sieht man ihn in seiner Lieblingsrolle als Reisenden und als Beobachter, immer auf der Suche nach der „Wahrheit des Augenblicks“. „Der Tod“, schrieb Koeppen, „ist ein schreckliches Problem, die Geburt ist ein schreckliches Problem. Das ist, wenn man genau bedenkt, schrecklich. Aber man denkt nicht ständig daran.“ Nomi Baumgartl folgt seinen Spuren unterwegs und zeigt die Dinge, die ihn zu Hause umgeben: die Schreibmaschine, das Bett, die Brille. Die Texte hat Koeppen teilweise zu den Fotos verfaßt. Anderes, aus Interviews und Reden, klingt wie ein Vermächtnis: „Die Autobiographie ist eine Klage; sie richtet sich gegen Gott und beruft sich auf die Zeit als Zeugin. (...) Fast alle Lebensläufe sind post mortem ein trauriger Roman.“

„Wolfgang Koeppen: Ich?“ Porträts von Nomi Baumgartl. Selbstaussagen, ausgewählt von Sybille Brantl. Bibliothek der Provinz, Weitra 1997, 128 S., 99 DM

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen