: Betr.: "Reformwille und Realitätssinn", taz vom 26.2.94
Ralf Fücks hat erklärt: „jede(r) weiß, daß die Abschaltung der bundesdeutschen AKWs angesichts des geltenden Atomrechts ...“ nicht in der Frist von zwei Jahren durchzusetzen sei. [...] Ich kenne jedenfalls eine Menge Leute, die meinen, daß nach geltendem Atomrecht sofort aus der Atomenergie ausgestiegen werden muß.
In ihren Stellungnahmen zur Änderung des Atomgesetzes haben der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Bund Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) dargestellt, daß nach dem geltenden Atomgesetz für die Politiker eine Pflicht zum sofortigen Ausstieg besteht. Dies haben die Verbände abgeleitet aus dem Recht der Bevölkerung auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2;2 des Grundgesetzes), das in der Genehmigungsvoraussetzung des Atomgesetzes § 7 Abs. 2 Nr. 3 seinen Niederschlag gefunden hat. Und die Verbände haben kritisiert, daß nun mit der Einführung eines neuen Absatzes 2 a in den § 7 Atomgesetz die im § 7 Abs. 2 Nr. 3 enthaltene Genehmigungsvoraussetzung durch einen Definitionstrick ihrer Schutzfunktion für die Bevölkerung beraubt werden soll.
Aber Ralf Fücks – gleich vielen anderen atomkritischen Politikern – hat diese Stellungnahme nicht zur Kenntnis genommen. [...] Nach seiner Vorstellung wurden und werden Atomkraftwerke, obwohl sie unbeherrschbar sind, rechtmäßig betrieben. Da kann er natürlich nicht begreifen, daß erst mit der geplanten Einfügung des Abs. 2 a die gesetzliche Festschreibung der Nutzung der Atomkraft erfolgen soll.
Mir scheint, daß reale Atomenergiepolitik für Ralf Fücks heißt: Anpassung an Thesen, mit denen Atomlobbyisten ihre Wahnvorstellungen durchzusetzen versuchen.
Gerade in Sachen Atompolitik jedoch sollte nun wirklich jede(r) Atomkraftgegner(in) wissen, daß es sich bei den von den Befürwortern vorgetragenen Argumenten immer nur um Scheinargumente handelt. Und da sollte doch realistische Politik darin bestehen, das im Interesse der Atomwirtschaft gesponnene Lügennetz von der Rechtmäßigkeit der Atomkraft zu zerreißen. Traute Kirsch, Beverungen
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