: Betr.: "Offen offensiv", taz vom 9.3.94
Ganz schön dreist, wie Wolfgang Kowalsky Aussagen von Glotz und Leggewie für sich vereinnahmt. Da werden Forderungen der beiden nach einer offenen und offensiven Auseinandersetzung mit neurechten und rechtsextremen Gruppierungen umgemünzt in die Forderung, daß sich „das linke, das demokratische Spektrum (...) auf die modernen, massenwirksamen Themen der Rechtsextremisten einlassen und deren Thesen widerlegen“ sollte. Dabei wurden diese rechten Themen und Parolen doch erst nach einer Übernahme durch etablierte Parteien zur „Massenwirksamkeit“ hochgeputscht. Und darin liegt die eigentliche Gefahr.
Rechtsextremisten aller Couleur erhalten momentan Schützenhilfe von einer unzähligen Reihe selbsternannter Tabubrecher, die eine Verankerung rechtsextremer Positionen in Gesellschaft und Politik forcieren. Diese sammeln sich aktuell um den Nolte-Schüler Rainer Zitelman und sitzen bei Ullstein, Propylän, der FAZ, der Welt, der Bundeszentrale für politische Bildung und an zahlreichen Universitäten. Ihre Galionsfigur war Steffen Heitmann, der sich über Tabus und Denkverbote bei den Themen „Frauen, Ausländer und NS-Vergangenheit“ mokierte. Das Ergebnis spüren wir. Eine ganze Gesellschaft driftet nach rechts.
Dabei gibt es wirklich viele Möglichkeiten, sich offen und offensiv mit Rechtsextremisten auseinanderzusetzen. Die Methode allerdings, sich auf deren Themen ein- und auf ihre Argumentationsebene herabzulassen, war bislang am wenigstens erfolgversprechend. Im Gegenteil, das verschafft den Rechtsextremen zusätzliche Foren für ihre undemokratischen, antihumanen und antiaufklärerischen Thesen. Jürgen Grewen, Bonn
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