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die stimme der kritikBetr.: Neu im Kühlregal

Ferrero kämpft weiter für das Matriarchat

Ferrero kämpft weiter für das Matriarchat. Der Süßigkeitenhersteller verweist bekanntlich in seinen Werbespots schon seit längerem beharrlich auf matrilineare Überlieferungsstrukturen – Mütter geben das Geheimnis der Kinderschokolade schon seit Generationen an ihre Kinder weiter. Seit kurzem jedoch setzt man bei Ferrero auch auf archäologisches Beweismaterial.

„Neu im Kühlregal“ ist „Prof. Rino“, eine Kreation aus der beliebten Mischung aus „frischer Vollmilch, geschlagen zu lockerer Milchcreme, köstlicher Haselnusscreme und feiner Vollmilchschokolade“. Benannt ist das Produkt nach seinem Erfinder Professor Rino, der anscheinend nicht nur der „Freund aller großen und kleinen Genießer“ ist, sondern auch Hobbyarchäologe und Spezialist auf dem Gebiet mutterrechtlicher Gesellschaftsformen. Aufrecht hingestellt gleicht das Schokoladenprodukt nämlich eindeutig den stilisierten Frauenfiguren der vorgeschichtlichen Stammesgesellschaften, zum Beispiel der bekannten „Venus von Willendorf“: eine einfache Formensprache mit überdeutlichen weiblichen Rundungen, eine Muttergottheit mit großem Bauch und hervorstehenden Brüsten.

Millionen Mütter sagen: Danke, Professor Rino! Nachdem Ferrero in seiner phallozentrischen Werbekampagne zum Kinder-Pingui, der „Süßigkeit im Handy-Format“ (taz, 30. Mai 2000), scheinbar vom Weg abgekommen war, ist der neue, ritualorientierte Einsatz im Kühlregal sehr zu begrüßen. Insbesondere, da gerade eine neue, internationale Front gegen die Mütter eröffnet wurde: Der amerikanische Rapper Eminem hatte es sich nicht nehmen lassen, auf seinem Debütalbum „The Slim Shady LP“ ausführlich seine eigene Mutter zu beleidigen. Eminem, der den bürgerlichen Namen Marshall Mathers trägt, unterstellt seiner Mutter Drogenkonsum und Promiskuität, so dass sich Debbie Mathers-Briggs jetzt genötigt sieht, gerichtlich gegen ihren Sohn vorzugehen. Es geht um eine Entschädigungssumme von 4,3 Millionen Mark.

Einen außergerichtlichen Vergleich hat Eminem, der undankbare Sohn, bereits abgelehnt, muss sich dafür aber auch noch einem zweiten Verfahren stellen – weil er vor kurzem mit einer Pistole einen Bekannten seiner Frau bedroht hat. Seine Mutter habe sich früher nie um ihn gekümmert, sagt Eminem, das Problemkind. Möglicherweise keine einfache Kindheit, ganz bestimmt aber: eine Kindheit ohne Ferrero und Professor Rino.

            KOLJA MENSING

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