die stimme der kritik: Betr.: Koks und Fußball
Im Dunstkreis dunklen Lebenswandels
Nachdem der hiesige Fußball vor ein paar Monaten so schmählich versagte, ist nun endlich mal wieder was los: Stefan Effenberg, der Bayern-Kapitän mit dem Finger, soll neulich in einer Münchner Disko eine junge Frau ins Gesicht geschlagen haben, was ihn 50.000 Mark in die Mannschaftskasse kostete; Otto Rehhagel ist grad als Trainer des FC Kaiserslautern zurückgetreten. Schuld daran soll nicht nur die spielerische Misere seines Pfälzer Vereins gewesen sein, sondern vor allem auch diverse schöne Trashgerüchte: Während seine Frau also ein Verhältnis mit dem Lauterer Libero Ramzy gehabt haben soll, hätte Rehhagel sowohl eine Affäre mit „einer Kellnerin“ gehabt als auch eine Mitarbeiterin des Aufsichtsratsvorsitzenden Wieschemann geschwängert, berichtete Bild voller Freude, um danach zu betonen, dass sich alle Beschuldigungen als „Seifenblasen“ herausgestellt hätten.
Das alles reicht aber nicht an die großartig kurzbehoste Soapopera-Fehde heran, die seit dem Wochenende zwischen dem FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß und dem künftigen Bundestrainer und RWE-Werbeträger Christoph Daum tobt. Alles begann, wie bekannt, mit einem Artikel in der Abendzeitung, der durchscheinen ließ, Daum würde koksen, hätte mal gekokst oder gedenke, irgendwann mal zu koksen. Hoeneß sagte daraufhin in einem Interview, man solle die anstehende Bundestrainervertragsunterzeichnung aussetzen, und stellte Daum weiterhin in den „Dunstkreis von Drogenmissbrauch und dunklen Lebenswandel“ (Westdeutsche Zeitung). Was mag nur ein Dunstkreis dunklen Lebenswandels sein?
Von prekären Finanzamtsgeschichten und Bekanntschaften mit Prostituierten war noch die Rede. Dass Jesus sich bekanntlich auch gern mit Prostituierten abgab, nur am Rande. Jedenfalls erklärte Daum in Sachen Drogen: „Da war nie etwas, da wird nie etwas sein. Das ist ein Tabuthema, das im Spitzensport nichts zu suchen hat.“ Daum hat nun Hoeneß wegen übler Nachrede verklagt, Paul „Mao“ Breitner spricht vom größten Skandal, den die Bundesliga je erlebte, und Hoeneß erklärte: „Ich schalte ein paar Tage beim Golfen ab.“ Man darf gespannt sein, wie’s weitergeht. Zunächst hat man allerdings als dem Fußballsport verpflichteter Journalist die traurige Pflicht, auf ein dunkles Kapitel aus Christoph Daums Vita aufmerksam zu machen. 1998 hatte der Fußballtrainer erklärt: „Ich wähle CDU, obwohl ich Schröder gut finde.“ DETLEF KUHLBRODT
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