: Betr.: Der Spiegel
„Es gibt kein ergiebigeres Nachschlagewerk zur jüngeren Geschichte als eine Spiegel-Sammlung“ (Eigenwerbung). Auf die eigene Geschichte des Spiegel trifft dies nur bedingt zu. Der erste Hinweis auf die SD-Vergangenheit seines ehemaligen Ressortleiters Georg Wolff findet sich erst 1987 in Leo Brawands Buch „Die Spiegel-Story“. 1992 schrieb dann der Ex-Spiegel-Kolumnist Otto Köhler einen größeren Artikel in konkret über Wolff und seinen Kollegen Mahnke. Beide Publikationen hatten jedoch kaum Resonanz. Jüngere Spiegel-Redakteure zeigen sich noch heute verblüfft, wenn sie mit Fakten aus der Frühphase des von jeher nationalliberalen Blattes konfrontiert werden. Unbekümmert führte der Spiegel seinen Feldzug gegen den NS-belasteten WDR-Mann Werner Höfer. Doch im eigenen Haus hörte die zeithistorische Akkuratesse auf, der Mythos vom „Sturmgeschütz der Demokratie“ war, intellektuell und ökonomisch, lukrativer.
Herausgeber Augstein arbeitet gerade an seiner Autobiographie, die 800 Seiten stark werden soll. Dabei kann er sich an seinen Ressortleiter Mahnke, so übermittelte sein Büro, kaum noch erinnern; man möge sich bitte bei Hans Detlev Becker erkundigen. Becker, der Personalmanager des frühen Spiegel, sagt über Mahnke: „Er hatte sich im Sinne nationalsozialistischer Unrechtstaten nichts vorzuwerfen. Anders hätte er weder Redakteur beim Spiegel noch Chefredakteur beim Axel-Springer- Verlag, noch Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitschriftenverleger werden können.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen