: Beten, gärtnern, ausruhn
■ Evangelische Kirche stellt Broschüre für ökologische Grabgestaltung vor
Wasserhahn
vor Kreuz
Warten auf Männertreu und Gedenkemein Foto: Hervé Maillet
Ein Friedhof: Nur Ort für trauernde Witwen und Gruftis? Mitnichten. Die pure funktionale Sicht, daß ein Friedhof lediglich die Leichen Verstorbener aufzunehmen habe, ist out. Als wichtigen Erholungsraum in der Stadt und Möglichkeit ökologischer
Stadtgestaltung sieht nicht nur der Umweltbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche, Herbert Brückner, die Gottes- Äcker. Brückner hat dazu eine Broschüre herausgebracht, die praktische Tips für eine ökologische Grabgestaltung gibt.
Langweilige Grabstätten und pflanzlicher Einheitsbrei ohne jeglichen ökologischen Nutzen müssen nicht sein. Die Verwendung von fremdländischen Arten und überzüchteten Zwergformen sind auf neueren Friedhöfen aber an der Tagesordnung. Die sehen zwar, je nach ästhetischer Anwandlung, gut aus, bieten aber einheimischen Insektenarten beispielsweise keinen Platz. Früher dagegen war es üblich, die Gräber der Angehörigen mit den Lieblingspflanzen der Toten zu schmücken oder aber Symbolpflanzen zu verwenden.
Initiative für den Friedhof mit Tiefgang! Daß Trauerweiden als Zeichen der Trauer gelten, braucht nicht viel Interpretation. Aber noch viele andere einheimische Pflanzen haben Bedeutung und sollten mehr gepflanzt werden: Trockenblumen als Sinnbild für Unsterblichkeit, Eibe und Wacholder zum Schutz vor dem Bösen, Schlafmohn als Zeichen des Todesschlafes.
In der Broschüre „Ökologie in der Gemeinde“ gibt es eine Liste von Bäumen, Sträuchern und Grabpflanzen, die es ermöglichen, daß auch neuere Friedhöfe die Bedeutung erlangen, die ältere oft schon haben: Sie sind ein wichtiger Bereich für den Arten- und Naturschutz und „Grüne Lunge“ der Stadt. Bei einer Stadtbiotop-Kartierung von Recklinghausen kam heraus, daß sich 50 Prozent der Brutvogelarten auf Friedhöfen niedergelassen haben.
Nach dem Motto „Sag's durch die Blume“ läßt sich — je nach Verhältnis zu dem Toten — noch manches nachschieben: Trauerrosen und Trauerbirken sprechen für sich. Aber warum nicht mal am schattigen Plätzchen ein Gedenkemein setzen, im Sommer ein Männertreu einstreuen oder die feuchten Standorte mit den dreißig Zentimeter hohen Dickmännchen (wahlweise einem Sedum album, genannt Fetthenne) verzieren? Nicht zuletzt wird vielleicht die Schleifenblume einen ungeahnten Boom erleben, schließlich sieht die neue Friedhofsordnung ein Verbot von Kunststoffen und damit der Plastik-Kranzschleifen für die städtischen Friedhöfe vor. Die Evangelisch-Reformierte Gemeinde in Blumenthal setzt zur Zeit ein Konzept zur ökologischen Umwandlung in die Tat um. Für's Frühjahr also vormerken: Spaziergang auf dem Öko-Friedhof! skai
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen