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Bessere Interessen- vertretung aussuchen

■ betr.: „Die Gewerkschaften neh men die SPD in die Pflicht“, taz vom 22. 5. 96

Herr Issen, DAG-Vorstand, ist entweder falsch informiert oder hat nichts aus der Geschichte gelernt.

Die SPD als Interessenvertreter der ArbeitnehmerInnen zu bezeichnen ist blanker Hohn. Spätestens seit den Zeiten Noskes und Scheidemanns ist die SPD ein Radieschen, das heißt außen rot und innen weiß.

Als Noske damals auf Arbeiter schießen ließ mit der Bemerkung: „Jemand muß ja den Bluthund spielen“, war die SPD noch Arbeiterpartei, sie bildete es sich jedenfalls ein. Gut, das ist lange her. Als die Kommunisten verhaftet wurden, wollte die SPD noch keine Aktionseinheit gegen den Faschismus. Das legte sich dann, als auch Sozialdemokraten in Dachau verschwanden. Nach dem Krieg wollte die SPD plötzlich den Sozialismus, wie auch die CDU in ihrem Ahlener Programm. Zu Zeiten der Großen Koalition war die SPD dann soweit. Sie zeigte ihr wahres Gesicht als reinste Unternehmervertretung, als sie den Notstandsgesetzen zustimmte. Anstatt eine eigenständige Politik zu machen, ließ sie sich schön brav immer mehr nach rechts drängen. Antikommunismus war die erste Pflicht jedes Sozialdemokraten. Bloß kein Bündnis eingehen und den Blick immer schön nach rechts gerichtet, sonst drohte Parteiausschluß.

Und heute? Da ist doch kein Unterschied mehr zwischen SPD und CDU. Und diese Partei sieht Herr Issen als Interessenvertretung der arbeitendern Bevölkerung. Man sollte, besonders als Gewerkschafter, sich eine bessere Interessenvertretung aussuchen, die wirklich ArbeiterInneninteressen vertritt nach dem Motto: Wer den Reichen nichts nehmen will, kann den Armen nichts geben. Hans Scheer, München

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