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KOMMENTARBerlins Probleme gehen vor

■ Mehrwertsteuer: Berlin muß seine Interessen vertreten

Alles wäre für die Bundesregierung einfacher, wenn sie den bis Mitte 1992 verordneten Solidaritätszuschlag bis auf weiteres verlängern könnte. Dann stünden den ostdeutschen Ländern die Mittel zur Verfügung, die sie für den Aufbau dringend benötigen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer dagegen schafft neue Probleme. Zum einen ist sie direkt Inflationstreibend, weil der Prozentpunkt mehr sofort auf die Preise aufschlägt. Zum anderen trifft der Zuschlag gerade die Ärmsten am stärksten. Aber der Ausweg, diese Ergänzungsabgabe länger einzuziehen, ist Kohl durch den Steuerlügevorwurf der SPD verstellt.

Dennoch, auch wenn es Argumente gibt, die Haltung der SPD zu rechtfertigen, die Mehrwertsteuererhöhung abzulehnen — glaubwürdig ist die SPD dennoch nicht, zumal eine Erhöhung über die EG-Harmonisierung eh kommt. Im Kern betreibt die SPD deshalb eine Strategie der Westdeutschen, ausgetragen auf dem Rücken der Ostdeutschen. Man will die Besitzstände im Westen wahren und sich als Macht im Bundesrat präsentieren. Doch rechnerische Mehrheiten machen noch keine Politik, und auch mit diesem Muskelspiel kann die SPD ihre ziellose Runderneuerung nicht überdecken. Richtig ist, daß sich für die Altländer ein Zuschlag bei der Mehrwertsteuer nicht rechnet. Den neuen Bundesländern, wo der wirtschaftliche Aufschwung nur schleichend vorankommt, aber brennt es auf den Nägeln: Ihnen ist egal, woher das Geld kommt — es soll nur kommen und zwar schnell. Für Berlin, dessen Haushalt mit vielen aus Hoffnung gestrickten Leerstellen zusammengestoppelt ist, gilt gleiches. Natürlich dürfen die Berliner in diesem Poker vom Senat erwarten, daß er für die Stadt das Bestmögliche aus Waigels Taschen herausholt. Sich aber in der klammen Situation der Stadt zum Stimmvieh für die Machtträume der westdeutschen Sozialdemokraten zu machen wäre verrückt. Gerd Nowakowski

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