■ Bundesliga: Berlins Olympiastadion als große Abseitsfalle
Berlin (taz) – Ein bißchen gleichen die Ausflüge von Hansa Rostock nach Berlin den Raubzügen der alten Wikinger. Man kommt mit reicher Beute heim, aber sonst gibt es nichts als Ärger. Andererseits hatten die Wikinger nie so viele Fans, die ihrer Berufsausübung in der Fremde zusahen: 50.183 Menschen, fast ebensoviele wie bei Hansas 1:1 gegen Frankfurt im Oktober, waren zum Match mit Fortuna Düsseldorf ins Berliner Olympiastadion gekommen, viele aufgrund der chaotischen Situation an den Kassen allerdings erst im Laufe der ersten Halbzeit.
Sie hätten auch ein Stündchen später eintreffen können und dennoch nichts verpaßt. Das avisierte Fußballfest bei Minimaltemperaturen entwickelte sich zu einem jener Spiele, wie sie allein Fortuna-Coach Aleksander Ristic liebt. Die Düsseldorfer dachten nicht daran, zur guten Stimmung beizutragen, indem sie sich ein paar hübsche Törchen verpassen ließen, sondern pflegten jenen Defensivfußball, der ihnen hin und wieder einen Punkt, aber kaum den Klassenerhalt beschert.
Frech behauptete Ristic, „so offensiv wie noch nie in der Bundesliga“ gespielt zu haben, doch in Wahrheit dienten die Spitzen Cyron und Pancev bloß der raffinierten Vorbereitung von Fortunas Abseitsfalle. Tolpatschig vertändelten sie alle Bälle, verleiteten Hansa so zu schnellen Angriffen, und schon standen Rostocks Renner Akpoborie und Baumgart im Abseits. Griff Hansa besonnener an, hatte Düsseldorfs Fünfer-Abfangkette, zusätzlich gesichert durch Libero und zwei Manndecker, keine Mühe, jede Gefahr im Keim zu ersticken. Ein scharfer, aber unplazierter Schuß des fleißigen Akpoborie war so ziemlich alles, was auf das Fortuna-Tor geflogen kam.
„Wir haben zweimal auswärts in Berlin einen Punkt gewonnen“, machte Rostocks Coach Frank Pagelsdorf keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen den Ort der „schlechtesten Saisonleistung“, und auch Steffen Baumgart meinte: „Ich möchte lieber in Rostock spielen.“ Einer kommt immer wieder gern nach Berlin: Hansas Schatzmeister. Ein echter Wikinger eben.Matti Lieske
Fortuna Düsseldorf: Koch - Katemann, Glavas, Werner - Winkhold, Buncol, Shala, Seeliger, Mehlhorn - Pancev (67. Schwinkendorf), Cyron (85. Tonello)
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