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Berlins CDU-Chef tritt zurückIngo Schmitt wählt bayerische Lösung

CDU-Parteichef Schmitt wirft hin. Als Nachfolgerin wird die Kulturexpertin Monika Grütters gehandelt. Parteivize Joachim Zeller soll den Übergang managen.

Weggelächelt: Der scheidende CDU-Parteichef Ingo Schmtt Bild: dpa

Berlin machts den Bayern nach: Der unter Dauerbeschuss stehende Berliner CDU-Chef Ingo Schmitt hat die Brocken hingeworfen - fast zeitgleich mit dem bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Günther Beckstein und einen Tag nach dem Abgang von CSU-Parteichef Erwin Huber. Schmitt erklärte am Mittwoch seinen sofortigen Rücktritt und begründete dies mit der sich "dahinschleppenden Diskussion über eine personelle Neuaufstellung". Vorübergehend soll Landesvize Joachim Zeller die Partei führen. Nach Informationen der RBB-Abendschau soll sich die Findungskommission der Partei am Abend auf die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters als Nachfolgerin verständigt haben.

Die Union war mit Schmitts Rücktritt noch tiefer ins Chaos gestürzt. Symptomatisch war am Mittwoch ein Blick auf ihre Internetseite: Die führt unter "News" eine Meldung von vor zwei Wochen und Schmitt auch am frühen Abend noch als Vorsitzenden.

Der CDU-Chef war in den Querelen um den gescheiterten Fraktionsvorsitzenden Friedbert Pflüger in heftige Kritik geraten, hatte aber erst nicht zurücktreten wollen, dann einen Rückzug für das nächste Frühjahr angekündigt.

Gegenüber der taz hatte Grütters am Mittwochnachmittag eine Kandidatur als CDU-Chefin angedeutet. "Ich werde mich einer Neuausrichtung auch an entscheidender Stelle nicht verweigern", sagte Grütters. "Mit Frank Henkel zusammenzuarbeiten würde mir gefallen." Henkel sagte, er wolle sich "an Personalspekulationen nicht beteiligen". Er bevorzuge, die Arbeit an der Erneuerung der CDU auf mehrere Schultern zu verteilen.

Schmitt kritisierte gegenüber der Morgenpost, dass die möglichen Kandidaten für seine Nachfolge "nur mit ihrer Kandidatur kokettieren, ohne sich deutlich zu positionieren". Seinen Rücktritt verkaufte er als heroischen Akt, mit dem er die Debatte beschleunigen und die "Hängepartie" beenden wolle.

Tatsächlich hatte bereits am Montag der Fraktionsvize und Reinickendorfer Parteichef Frank Steffel ein Papier mit 13 Thesen zur durchgreifenden Erneuerung der CDU vorgestellt. Einer der Punkte: Wenn es einen Nachfolger gebe, solle Schmitt seinen Platz als Landeschef noch dieses Jahr räumen. Nachdem dies schon zwei Tage später wahr wurde, zeigte sich Steffel erleichtert: "Jetzt geht es aufwärts." Es bestehe nun die "Chance für einen kraftvollen, zügigen Neuanfang".

Die Kreisvorsitzende von Neukölln, Stefanie Vogelsang, findet es dagegen "sehr positiv, dass Schmitt jetzt den Weg freigemacht hat für einen Neuanfang", sagte sie der taz. Vogelsang hatte bis zuletzt dem gestürzten Fraktionsvorsitzenden Friedbert Pflüger die Treue gehalten. Für den Parteivorsitz wünscht sie sich jetzt jemand mit einem "liberalen, offenen, frischen, modernen Profil".

Für eine Übergangszeit soll nun zunächst Joachim Zeller den Parteivorsitz übernehmen - er ist der dienstälteste stellvertretende Vorsitzende. Zeller sprang schon Anfang 2002 als kommissarischer CDU-Chef ein und scheiterte später als dauerhafter Landesvorsitzender. Auch damals gab es viel Gerede von einem Neuaufbau, von einer modernen Ausrichtung. Theoretisch klang das alles gut: bodenständiger pragmatischer Ostler, unbelastet von den ewig währenden Querelen der Westberliner CDU-Kamarilla, zudem anerkannt über Parteigrenzen hinweg und politisch offen für Neues - im Bezirk Mitte hatte er sich bei seiner Wahl zum Bürgermeister von PDS und Grünen unterstützen lassen.

Und so zog Zeller mit einem vermeintlichen Heilsbringer durch die CDU-Basis: Der Großkulturelle Christoph Stölzl, Ex-Museumschef, Ex-Kultursenator und Kohl-Intimus, aber bar jeder Kenntnis in der Landespartei, sollte die Partei auf neuen, visionären Kurs bringen. Visionen aber waren an den Stammtischen der Ortsverbände nicht wirklich gefragt, Stölzl warf nach nur einem Jahr ebenfalls hin. Nun wollte Zeller selbst und dauerhaft ran und setzte sich tatsächlich knapp gegen Peter Kurth durch, den Ex-Finanzsenator und Exponent des liberalen Parteiflügels, von dem ihn inhaltlich so viel nicht trennte.

Das ließ sich erst gut an, Zeller war eine Zeitlang in Umfragen vor dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) Berlins beliebtester Politiker. Doch gerade seine vermeintlichen Stärken ließen auch ihn scheitern. Ohne Machtbasis in den mitgliederstarken West-Bezirken konnte sich Zeller nicht durchsetzen, und Schwarz-Grün und die angeblich angestrebte "liberale Großstadtpartei" waren Parteibasis und Stammklientel so fern wie heute.

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