■ Querspalte: Berlinerin ab km zehn
Respekt, Uta Pippig. Oder, mit Eberhard Diepgens Worten: „Sie haben bewiesen: Berlinerinnen können kämpfen.“ „Magenproblemen“ und „Durchfall ab Kilometer zehn“ zum Trotz, wie sid nach Rennschluß zu kabeln wußte.
Es ist nicht jedermanns Sache, über 30 Kilometer mit Diarrhö in der, wie wir früher sagten, Turnhose durch eine amerikanische Metropole zu eilen und sich dafür von Millionen bejubeln zu lassen. Mein vorlauter Kollege Sonnemann in Frankfurt allerdings tönte unverzüglich, für das Geld täte er solches auch. Dabei kann er nicht mal mit frisch gewaschenen Buxen so lange so schnell laufen wie Frau Pippig mit vollen.
Sportfreund Behrend indes verwies auf den Weißstorch, der sich Erfrischung verschaffe, indem er sich seine Kloake über die Beine träufele (Verdunstungskühlung). Den mitschwingenden Verdacht unerlaubter Vorteilsnahme gegen die in Boston kämpfende Berlinerin wies wiederum der Querspalten-Redakteur mit seiner ganzen Kompetenz als ehemaliger Sportreporter zurück: Die Verdauung sei gewissermaßen ein treuer Weggefährte des Marathonläufers. Er kenne sogar jemanden, der die berühmte Portugiesin Rosa Mota am Straßenrand, sagen wir ausnahmsweise, niederkommen sah.
Dann warf dpa das Thema „Menstruationsbeschwerde“ in die Debatte, und Bild-„Medizinexperte Dr. Ch. Fischer“ diagnostizierte: „Offensichtlich wurde Uta Pippig davon überrascht.“ Dafür bediente sich „Dr. Ch. Fischer“ eines Fotos: Auf der Athletin linkem Schienbein gerinnt ein Etwas. Keine Schürfwunde. Keine Darmkolik. Eine „Durchbruchsblutung“, „offensichtlich“.
Ist das nicht egal? Selbstverständlich ist es das. Es sei denn, man heißt Eberhard Diepgen und schickt folgendes, mit geradezu olympischer Dezenz formuliertes Glückwunschtelegramm: „Über Ihren Sieg habe ich mich riesig gefreut. Ganz besonders auch deshalb, weil Ihnen dieser dritte Triumph in Folge nicht so einfach in den Schoß gefallen ist.“ So kann man es auch sagen. André Mielke
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