Berliner Szenen: Franken unterwegs
Heimatgefühle
Anhalter Bahnhof, halb zehn morgens, zwei Stationen mit dem Bus M29 zum Checkpoint Charlie. Eine Schulklasse steigt ein, wahrscheinlich elfte Klasse.
Es ist immer spannend, solchen Klassen zuzuhören. Aus welcher Region Deutschlands oder Europas kommen sie? Manche Sprachen verstehe ich nicht und tippe dann auf Finnisch oder Isländisch. Aber kommen finnische oder isländische Schulklassen nach Berlin? Die Schulklasse hier erkenne ich sofort.
„Wo gehn mer denn jetz hie?“ – „Na zum Dscheckpoind Charlie, is nimmer weid!“ – „Und was machen mer heut nachmiddag?“ – „Also ich würd gern zum Zoo gehen, der soll schee sein.“ – „Ich mechd aber lieber zur East Side Gallery und da a weng rumlaufn.“ – „Und wenns regned?“ – „Na, dann könn mer doch schobbn gehen!“ – „Naaa, schobbn kann i a in Bamberch …“
Vor über 30 Jahren war ich auch in Berlin mit meiner damaligen Schulklasse aus Erlangen. Die Erinnerungen kommen hoch, aber nur Bruchstücke. Ein Besuch in der Oper, „Carmen“ wurde gegeben und hat mich sehr beeindruckt. Einmal kurz nach Ostberlin rüber, und da nicht so recht gewusst, was man da machen soll. Und ein Versuch, abends in den Dschungel zu kommen, von dem man so viel gehört hatte. Die Türsteher dort haben sich köstlich amüsiert über unseren unbeholfenen Versuch, wie coole volljährige Nichttouristen auszusehen.
Haltestelle Wilhelmstraße. „Aber am Ku’damm schobbn is scho ned schlechd, des is besser als in Bamberch.“ – „Und was machen mer morgen Nachmiddag?“ – „Also zuersd müssen mer zum Brandenburger Dohr, und dann ham mer frei.“
Das Abendprogramm wird nicht besprochen, der Lehrer ist dabei. Ob sie es im Berghain versuchen und wie wir damals im Dschungel scheitern? Oder geht man heute zum RAW-Gelände und lässt sich beklauen? Werden sie versuchen, sich im berühmten Görlitzer Park was zum Rauchen zu besorgen?
Inderessieren däd mich des fei scho. Elke Eckert
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