: Berliner Schneider
Abschreibungen förderten die Spekulation im Osten. Nun stürzen die Bauprojekte ein wie Kartenhäuser
Der Baulöwe Jürgen Schneider hatte 1994 ein Zeichen für seine Branche gesetzt. Als sich der Spekulant vorrübergehend nach Miami absetzte, hinterließ er bei über 2.000 Gläubigern insgesamt 5 Millarden Mark Schulden, die er durch Projekte vor allem in Leipzig anhäufte. 1997 wurde er zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Ermöglicht wurden Schneiders Geschäfte unter anderm durch die „unfassbare Fahrlässigkeit“, mit der nach Ansicht des Richters die Großbanken immer neue Kredite für seine Projekte gewährten.
Mit immensen Abschreibungsmöglichkeiten für Immobilien hatte die Bundesregierung in den 90er-Jahren Investoren in den Osten gelockt und so reihenweise überdimensionierte Großbauten ermöglicht. Seit die Abschreibungsmöglichkeiten wegfielen und das Überangebot an Büros offensichtlich wird, bringen Anleger ihr Geld lieber an die Börse. Wackelig konstruierte Baufonds geraten in Trudeln.
Der Münchener Unternehmer Peter Kottmair musste 1998 ein Grundstück am Leipziger Platz in Berlin-Mitte zurückgeben. Für den Kaufpreis von 310 Millionen Mark hatte er weder die erste Rate gezahlt noch eine Bankenbürgschaft vorlegen können. Für die Rückabwicklung des Geschäfts soll er über 7 Millionen Mark erhalten haben. Vom American Business Center am ehemaligen innerstädtischen Grenzübergang Checkpoint Charlie wurden nur drei der geplanten fünf Blöcke gebaut, nachdem ein amerikanischer Investor ausstieg.
1998 wurde der Vorstandssprecher der Berliner Volksbank verhaftet. Ihm wurde Betrug von privaten Immobilienfonds-Anlegern vorgeworfen. Im Februar 2000 musste sich die Bankgesellschaft Berlin mit dem Plattenbausanierer Aubis beschäftigen. Die BerlinHyp hatte jahrelang die riskanten Käufe von insgesamt 16.000 Plattenbauwohnungen finanziert. Nur einen Monat später wurde der Berliner Altenheim-Multi Jürgen Hanne in Zürich wegen Betrugs festgenommen. GEREON ASMUTH
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