Berliner Luft: Die Kanzlerin als Keks
die Berlin-Parlamentskolumne
von Anja Maier
Dunkeltuten sagt man, wenn reineweg gar nix los ist. Und tatsächlich, im Regierungsviertel ist gerade noch so was von nichts los. Keine schwarzen Limousinen der Fahrbereitschaft, die die Radler schneiden. Keine Bundestagspraktikanten, die Papas geliehene Krawatte wie einen Strick tragen. Nur wenige JournalistInnen auf dem Weg zur Bundespressekonferenz.
Aber das täuscht. In anderthalb Wochen beginnt die erste Sitzungswoche dieses wichtigen Jahres. Es fängt erst mal harmlos an. Ausschüsse werden tagen, Pressehintergründe werden gegeben, im Plenum werden die Abgeordneten mit der Anmutung von Spielzeugfiguren auf ihren lilafarbenen Stühlen vor und zurück rutschen. Und im „Lampenladen“, der Kantine im Paul-Löbe-Haus, werden mittags wieder Steaks mit Fritten über den Tresen gehen. So wird das aussehen.
Noch wirkt es, als atme das Regierungsviertel flach. Ruhepuls. Die Parlamentsbuchhandlung hat Ferien, aus dem Schornstein des Bundestages wölkt es weiß in den Himmel. Die Parteien hocken verstreut im Land auf Klausuren. Der Betrieb, die Blase, die Käseglocke – das ganze Berliner Gebilde konzentriert sich auf den Start in ein verdammt wichtiges Jahr.
In fünf Wochen wird der neue Bundespräsident gewählt. Wie er heißt, weiß man leider längst. Acht Monate später dann aber: die Bundestagswahl. Da ist alles offen. Nicht einmal der Termin steht fest; entweder am 17. oder am 24. September wird gewählt.
Spätestens danach wird es Fragen geben. Ist die FDP wieder drin? Mit welchem Thema zerlegen sich Grüne und Linke diesmal? Sind CDU und CSU noch ein Paar? Und bringt Sigmar Gabriel sein Baby mit ins Parlament?
Ist das wichtig angesichts der gesellschaftlichen Erosion in diesem Land? Sagen wir: interessant. Das Menschliche in der Politik ist spannend. Denn diese Politiker, die sind ja Menschen. Die werden 2017 mal zeigen müssen, dass sie sich verständlich ausdrücken können. Die werden Wählerbelästigung betreiben, auch Wahlkampf genannt. Die werden Fehler machen und Unsinn reden. Aber auch geniales Zeug. Und man kann sie sogar essen: In der Parlamentsbuchhandlung gibt es eine Ausstechform, um sich seinen persönlichen Merkelkeks zu backen. 6,90 Euro. Auf der Verpackung stehen ihre Sätze: „Wir haben so vieles geschafft. Wir schaffen das.“ Na bitte.
Ab jetzt an dieser Stelle: die neuen Parlamentskolumne im wöchentlichen Wechsel aus Berlin und Brüssel
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