Berliner Café will keine AfD-Gäste: Shitstorm fegt durch Kreuzberg
Die Wirtin des Café Rizz in Kreuzberg macht deutlich, dass sie keine AfDler als Gäste will. Seitdem wird sie beschimpft – und unterstützt.
Beim Champions-League-Finale Ende Mai reicht es Birgit. Die schmale, aber resolute Wirtin des Café Rizz in der Kreuzberger Grimmstraße steht wie immer bei solchen Spielen hinter der Bar und zapft Getränke. Die Kneipe ist rappelvoll. Am Eingang kommt es zum Gedrängel. „Ey, du schwule Sau, hau endlich ab“, motzt jemand. Birgit stutzt. Und bahnt sich gemeinsam mit dem Barmann den Weg zur Tür. „Das läuft hier nicht“, sagt sie und schmeißt die Streitenden raus.
So schildert die Wirtin es im Nachhinein. Schon vor Kurzem hatte sich jemand über eine Frau mit Down-Syndrom beschwert, weil sie lauter war als andere Gäste, erzählt sie. „Das hätten sich die Leute in Kreuzberg früher nicht getraut“, sagt Birgit. Seit 35 Jahren geht sie ins Café Rizz, vor 15 Jahren hat sie die Restaurantleitung übernommen.
Sie will nicht, dass solche Sprüche in ihrem Laden normal werden, auch nicht zur Fußball-WM, für die schon die Reservierungen reinkommen. Als Birgit in der Nacht zu Sonntag den Vogelschiss-Satz von AfD-Chef Alexander Gauland im Internet liest, schreibt sie spontan auf Twitter: „Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass Nazis generell inkl. zur Fußball-WM bei uns nicht willkommen sind. Und damit meinen wir ausdrücklich Anhänger der AfD.“
Baseballschläger und Kacke
Der Shitstorm lässt nicht lange auf sich warten – zumal André Poggenburg, Rechts-außen-AfDler aus Sachsen-Anhalt, darauf antwortet: Das Café Rizz oute sich „als intoleranter, undemokratischer und faschistoider Hort in Anlehnung an: ‚Juden unerwünscht‘. Bravo für die Reise ins dunkle Vorgestern!“ Poggenburg hat 17.000 Follower. Es habe massive Drohungen gegen sie gegeben, berichtet die Wirtin, mit Baseballschlägern und Kacke vor der Tür. Das ist auch der Grund, warum sie ihren Nachnamen nicht öffentlich machen will. Sie sagt: „Am ersten Tag hatte ich ein mulmiges Gefühl. Aber jetzt überwiegt: Das habe ich richtig gemacht.“
Nicht nur der Shitstorm tobt, auch eine Welle der Solidarität schwappt seit Sonntag über das Café. Eine Frau schreibt: „Ach wissen Sie, Herr Poggenburg, Juden wie ich z.B. fühlen sich im Café Rizz sehr wohl. Das liegt wohl auch daran, dass ich mich darauf verlassen kann, dass ich dort sicher vor rechter Hetze und Gewalt bin.“ Über 3.200 Twitter-Nutzer haben das Statement der Wirtin inzwischen geliked.
Seit Sonntag habe das Café auf Portalen im Internet plötzlich auch viele schlechte Bewertungen bekommen, sagt die Wirtin. „Die Rechten versuchen uns wirtschaftlich zu schaden.“ Andere hätten im Gegenzug sehr gute Bewertungen abgegeben, um das Café zu unterstützen. Auf Facebook hat das Rizz bis Mittwoch 140 Mal fünf Sterne bekommen, 44 Mal nur einen Stern.
Die Solidarität sei viel wert, sagt Birgit. Sie würde sich wünschen, dass auch andere, größere Unternehmen öffentlich gegen die AfD Position bezögen. Die Hetzer auf Twitter hat sie blockiert, deren Tweets muss sie nun nicht mehr lesen. Jetzt hofft die Wirtin erst mal auf eine normale, friedliche Fußball-WM.
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