: Berlin bleibt von der Flut verschont
Auch das Hartz-Förderprogramm „Job-Floater“ floppt in Berlin. Durch das Tauschgeschäft „Kapital für Arbeit“ wurden zwar für 8 Millionen Euro Investitionskredite vergeben, bislang aber gerade mal 129 neue Arbeitsplätze geschaffen
Job-Floater klingt nach Flut, die mit der Scheitelwelle unendlich viele Jobs vor die Türen der Arbeitsämter spült. So hatten sich das jedenfalls Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Arbeitsmarktreformer Peter Hartz vorgestellt. Für jeden neu und „dauerhaft“ eingestellten Arbeitslosen kann ein mittelständisches Unternehmen bis zu 100.000 Euro zinsgünstige Investitionskredite erhalten.
In Berlin spülte die Flut seit November jedoch nur Treibgut an – laut Statistik der Kreditanstalt für Wiederaufbau (Stand 10. August 2003) sind auf diesem Weg zwar Kredite in Höhe von 8,37 Millionen Euro vergeben worden, aber lediglich 129 neue Jobs entstanden. Bundesweit stehen 500 Millionen Euro gerade 7.248 neue Jobs gegenüber. Erfolg definiert sich anders.
Von Katerstimmung kann in Berlin dennoch nicht gesprochen werden, denn die setzt verklungene Euphorie voraus – die es offenbar nie gegeben hat. „Wir haben den Job-Floater von Anfang an skeptisch betrachtet, insofern überraschen uns diese Zahlen jetzt nicht“, sagt etwa der Sprecher des Wirtschaftssenators, Christoph Lang. In der Senatsverwaltung habe man festgestellt, dass auch schon andere Kreditprogramme für klein- und mittelständische Unternehmen kaum genutzt wurden. Die Investitionsbereitschaft der Berliner Industrie sei zur Zeit so gering ausgeprägt, dass eben auch kein Interesse an zusätzlichen Krediten bestehe, so Lang.
Dem kann auch Stefan Siebner, Sprecher der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), nur beipflichten. „Die Leute halten sich ja nicht deswegen mit Investitionen zurück, weil die Zinsen zu hoch wären. Kredite sind billig“, so Siebner. In dieser Situation würde auch kein Förderprogramm helfen. Zuerst müssten Unternehmer die Entscheidung treffen, überhaupt zu investieren, erst dann würden sie sich umschauen, woher sie das nötige Geld dafür bekommen. Dennoch hätte Siebner mit mehr „Mitnahmeeffekten“ gerechnet.
Sie sind ein Hauptkritikpunkt von Arbeitsmarktexperten am Job-Floater. Denn es bleibt fraglich, ob die Firmen die neuen Stelle nicht auch ohne Kreditanreize schaffen würden – der Kredit also letztlich nachgeworfen wird. Zudem vermuten sie, dass viele Betriebe das Programm lediglich dazu nutzen, teure Bankkredite in billigere Förderkredite umzuwandeln. Zumal die Laufzeit zehn Jahre beträgt, der Arbeitslose aber nur ein Jahr beschäftigt werden muss. Auch in Brandenburg verpufft die Wirkung des Job-Floaters fast vollständig. Zwar wurden hier insgesamt fast 7 Millionen Euro Kredite an 34 Firmen vergeben, diese haben dafür aber gerade einmal 83 Arbeitslose eingestellt. Kein Grund zur Aufregung bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau: Etwa 20 Prozent der Mittel sind in die neuen Länder geflossen. Weil die aber nur einen Anteil von 15 Prozent am Bruttoinlandsprodukt haben, sei der Anteil sogar überdurchschnittlich. Insgesamt entspreche das Interesse den Erwartungen. „Das jährliche Volumen von bis zu 5 Milliarden Euro ist absolut machbar“, so eine KfW-Sprecherin – nach einer gewissen Anlaufphase und freilich nur bei guter Konjunktur. So gesehen kann auch Berlin entspannt die versprochene Flut abwarten. JAN ROSENKRANZ