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Bejubelt & bespuckt

■ Nächstes großes Ding: Starsailor und der Hype des Jungen und Schönen

Es ist ja schon fast müßig zu verfolgen, wer auf der britischen Insel alle paar Wochen zum „next big thing“ erkoren wird. Also Bälle flach, wenn mal wieder eine Band des Monats feilgeboten wird. Wer kennt schließlich noch Gay Dad, die „größte Band der Welt“, gar „Retter des Brit-Pop“? Wer glaubt ernsthaft daran, dass Elbow zu lang anhaltenden Ehren kommen werden? Folgerichtig scheint die Luft dünn zu werden zwischen all den Hoffnungsträgern und Gerade-mal-Althelden. Denn äußerst missmutig wird der neueste Komet am Brit-Pop-Himmel beäugt, die Band Starsailor um den 21-jährigen James Walsh, von den schon in der Umlaufbahn existierenden Anbietern des trüb-schönen Pop.

Allein schon der Rummel um einen der ersten Gigs der blutjungen wie -armen vier im Londoner Heavenly Social Club genügte – von der „vielleicht größten Band des Jahres“ war wiederum die Rede, ein Major reichte fertige Verträge (um die Konkurrenz nervös zu machen), Mogwai und Ash bliesen zur vergnügten Treibjagd auf die jungen Gipfelstürmer. Angst um den eigenen Stellenwert? Neid auf die überschwänglichen Kritiken, die James Walsh eine derart unwahrscheinliche Tiefe und Sensibilität andichten, dass für andere Frontkerle nur die zweite Reihe bleiben könnte? Oder wähnen sich Ash-Chef Tim Wheeler und Mogwai-Kopf Stuart Braithwaite dermaßen auf der ehrlichen, ähem, guten Seite des Rock, dass für Kollegen aus der Travis-Coldplay-Chartsstürmer-Linie nur ein mildes bis gehässiges Lächeln übrig bleibt?

Dabei ist doch alles ganz smart: Starsailor (benannt nach Tim Buckleys 71er Album) ist genau das passiert, was so selten wie regelmäßig in der Musiklandschaft vorkommt: Sie haben eine verdammt gute, gerade im Herbst einnehmende und bezaubernde Platte gemacht. Love Is Here tritt treffsicher die Thronfolge von Coldplays Album Charmeur Parachutes an. Und das wohlgemerkt als Debüt von vier Knaben mit unschuldigem, geheimnisvollem Blick. Wenn dies die Haben-Seite von Starsailor ist, gibt es wohl auch gute Gründe, die Band nicht zu mögen.

Eine kleine Chronik der Beschimpfungen. Mogwai wussten im New Musical Express: Walsh würde selbst seine Großmutter f***, um berühmt zu werden. Starsailor kündigten daraufhin bei einem Konzert an, Walshs Bruder werde sich in Braithwaites „Gesicht setzen!“ Und Ash wiederum ließen ihr Publikum über Starsailor-Hass oder –Liebe abstimmen. Das ist nicht nett. So unnett, dass sich selbst Coldplay-Sänger Chris Martin ungefragt einschaltete und seinen Rat als vergleichsweise alter Hase des jungen Hype gab: Nicht kirre machen lassen, Jungs.

Lustigerweise spielen alle drei Streithähne diese Tage in Hamburg (Mogwai am Donnerstag und Ash am Freitag in der Großen Freiheit). Ob es da zum großen Showdown zwischen den verwirrten Schön-geistern auf dem Kiez kommt? Zum ehrlichen Brit-Pop-Duell im Staub des Spielbudenplatzes?

Volker Peschel

Montag, 21 Uhr, Schlachthof

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