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Beißwütige Vierbeiner: Schwanz am Ende der Leine

Dublin (taz) — Nur knapp die Hälfte der britischen Pitbulls ist bisher registriert.

Zwei Monate, nachdem die Registrierungspflicht gefährlicher Hunde in Großbritannien in Kraft trat, ist nicht einmal die Hälfte der beißwütigen Vierbeiner angemeldet worden. Von dem Gesetz sind vier Rassen betroffen: Der Dogo Argentino, der Fila Braziliero, der japanische Tosa und der Pitbull-Terrier. Allerdings gibt es die beiden erstgenannten Rassen in Großbritannien überhaupt nicht, und es ist nur ein einziger Tosa bekannt. Die Zahl der Pitbull-Terrier wird dagegen auf 10.000 geschätzt.

Die Gesetzesinitiative ist durch zahlreiche Angriffe von Pitbulls vor allem auf Kinder ausgelöst worden. Den Hunden, die seit 1977 aus den USA nach Europa eingeführt wurden, ist aggressives Verhalten angezüchtet und wird oftmals durch Erziehung noch verstärkt. Die Killerköter sind zum Maskottchen der arbeitslosen innerstädtischen Jugendlichen geworden. „In dem Hund am Ende der Leine sehen sie praktisch ihren eigenen Schwanz“, sagt der Veterinärmediziner Nigel Norris.

Das ist auch der Hauptgrund dafür, daß die Besitzer vor einer Anmeldung zurückschrecken — das würde nämlich die Zwangskastration nach sich ziehen. Dazu kommen die Gebühren: Für die Registration, Haftpflichtversicherung, Tätowierung und Implantation eines Mikrochips zur Identifizierung des Hundes werden mindestens 200 Pfund (ca. 600 Mark) fällig — für arbeitslose Jugendliche eine unerschwingliche Summe. Nicht angemeldete Tiere werden eingeschläfert, wenn sie geschnappt werden. Die Besitzer müssen mit 2.000 Pfund Geldstrafe und Gefängnis bis zu sechs Monaten rechnen. Viele gehen mit ihren Hunden deshalb nur noch nachts Gassi. „Rottweiler und Schäferhunde sind viel launischer“, behauptet Gary, der seinen Pitbull nicht anmelden will. „Die bleiben von dem Gesetz jedoch verschont, weil sie vom Staat und von Sicherheitsfirmen eingesetzt werden.“ Auch gesetzestreue Pitbull-Besitzer halten die Vorschrift für kontraproduktiv. Sie fürchten, daß ihre Lieblinge zuhause über Herrchen herfallen könnten, weil sie sich wegen Maulkorb- und Leinenzwang draußen nicht mehr austoben können.

Für die Behörden ist es nahezu unmöglich, 5.000 illegale Pitbulls aufzuspüren. Der Pitbull ist nämlich kein Rassehund, sondern nach staatlicher Definition eine „Kreuzung zwischen einem Bullterrier und einem größeren Hund“. Tierexperten grenzen das auf eine Mischung von Staffordshire Bullterrier und Bulldogge ein. Wie soll ein Polizist jedoch erkennen, wieviele — und vor allem welche — Rassen an dem Mischling beteiligt waren, der ihm auf der Straße begegnet, zumal die ursprünglichen Pitbulls aus den USA durch Kreuzungen mit anderen Hunden heute kaum noch wiederzuerkennen sind. Nigel Norris glaubt, daß viele Besitzer ihre Pitbulls nicht registrieren lassen, weil sie ihr einträgliches Geschäft mit der Zucht von Kampfhunden nicht ruinieren wollen. Die illegalen Hundekämpfe sind vor allem in ländlichen Gegenden sehr populär. Ein kastrierter Pitbull bringt jedoch kein Geld. Ralf Sotscheck

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