: „Beim nächsten Film machen wir’s anders“
Die Blaumeier-Schauspieler Paula Kleine, Wolfgang Göttsch und Frank Grabsi über ihre Kinoerfahrungen, „normales Leben“ – und das Abhauen
Paula Kleine (74), Wolfgang Göttsch (40) und Frank Grabsi (40) sind die Helden in „Verrückt nach Paris“, der seit sieben Monaten bundesweit in den Kinos läuft. Der Film von Pago Balke und Eike Besuden hat seit seinem Start auf der Berlinale 2001 zahlreiche Preise gewonnen.
taz: Wieviele Premieren-Feiern habt Ihr schon hinter Euch?
Wolfgang Göttsch: Über fünfzehn Stück.
Ist das stressig? Ihr müsst dafür ja ziemlich weit rum fahren.
Paula Kleine: Das macht nichts, das muss sein. Das hat Spaß gemacht.
Frank Grabsi: Da lernt man neue Leute kennen.
Wolfgang: Eben, andere Leute.
Frank: Die uns loben.
Und gibt’s auch Kritik?
Wolfgang: Nee.
Gar keine? Jeder Schauspieler kriegt doch Kritik.
Wolfgang: Ja, das ist so. Sonst wird man kein guter Schauspieler. Einige Menschen haben gesagt, dass wir nicht so gut gesprochen haben. Ich muss Mundakrobatik zum Üben machen.
Frank: Ich hab’ keine Kritik gekriegt.
Ihr seid sozusagen im Rampenlicht. Hat sich für Euren Alltag in Bremen was verändert?
Frank: Mich sprechen immer ganz viele Leute an und sagen, dass der Film gut war.
Wolfgang: Für mich hat sich sehr viel geändert. Ich hab’ nicht mehr so die Zeit für spezielle Freunde, die kommen zu kurz. Der Martinshof [betreuteWerkstatt] kam auch zu kurz. Aber jetzt arbeite ich in einer Bäckerei in Worpswede, und die kommt voll auf ihre Kosten.
Ist der Film-Rummel auch ein bisschen nervig?
Wolfgang: Ach, nervig ist es nicht gerade. Aber man muss sich ziemlich oft den Film ansehen.
Ihr spielt drei Leute aus einem Heim, die nach Paris abhauen. Hat das irgendwas mit Eurem „normalen“ Leben zu tun?
Frank: Nein, für mich nicht. Ich hab’ eine eigene Wohnung.
Dann ist der Film eher wie ein Märchen?
Wolfgang: Einen Heimleiter, der so viel Stress macht, hab’ ich jedenfalls noch nicht erlebt.
Und so einen Betreuer, wie Dominique Horwitz ihn spielt?
Wolfgang: Nee, Gott sei Dank nicht. Das wär’ ja ein Alptraum.
Frank: In Wirklichkeit bin ich jetzt gut mit ihm befreundet.
Paula: Ich hab’ acht Jahre im Kloster Blankenburg gewohnt. Das ist seit 1988 aufgelöst worden, Gott sei Dank. Da hat’s mir gar nicht gut gefallen. Da gab’s nicht viel zu essen. Die Schwestern waren immer so streng und haben viel geschimpft.
Wärst Du gerne abgehauen?
Paula: Ja. Aber ich konnt’ doch nicht einfach, sonst gab’s da eine Ausgangssperre.
Ist die Situation in den Werkstätten so ähnlich wie in der Wirklichkeit?
Wolfgang: Ja, das ist schon wie im Martinshof.
Am Ende des Films müsst Ihr nach Bremen zurück. Wäre es besser gewesen, wenn Ihr in Paris hättet bleiben dürfen?
Wolfgang: Ich wär’ da sehr gern noch geblieben, aber man ist ja machtlos, nicht?
Paula: Nachtschwärmer, Nachtschwärmer!
Gibt es Sachen im Film, die Ihr nicht gut findet?
Frank: Dass ich so viel Hopsen musste.
Also wenn Dein Fahrgestell weg ist, und Du auf einem Bein voran kommen musst.
Frank: Ja. Und wo ich nass gespritzt werde, das hat mir auch nicht gefallen.
Paula: Für mich war allesrichtig.
Wolfgang: Wenn der Folge-Film kommt, können wir das ja anders machen.
Gibt’s dafür schon Ideen?
Wolfgang: Nee, das muss der Pago sich ja ausdenken, das ist sein Job. Wir sind nur die Schauspieler.
Was war für Euch beim Film anders als beim Theater?
Wolfgang: Beim Film muss man zu viele Sachen wiederholen. Am Anfang hat mir die Geduld gefehlt und da hab’ ich mich auch unter Druck gefühlt. Beim Theaterstück muss man sich auch ganz viel merken, aber, was das Entscheidende ist: Da kannst du improvisieren.
Paula: Ist beides schön.
Frank: Es hat Spaß gemacht. Aber nach dem Film bin ich tief ins Loch gefallen. Da war auf einmal nichts mehr zu tun.
Hättest Ihr Lust, einen zweiten Film zu machen?
Wolfgang: Na logo, mit einem Film gebe ich mich nicht zufrieden.
Paula: Nein, keine Lust, man wird älter.
Frank: Ich hätte schon Lust. Aber da müsste ich eine fröhlichere Rolle haben, nicht mehr so als Trauerklops.
Interview: Henning Bleyl
„Verrückt nach Paris“ ist derzeit im „Atlantis“ und in der „Gondel“ zu sehen