: Beide Regierungen müssen besonnen bleiben
betr.: „Die Taiwaner werden immer nervöser“, taz vom 6. 8. 99
Die Drohgebärden Chinas gegen Taiwan sind sehr ernst zu nehmen. Die chinesische Regierung sollte jedoch bedenken, dass eine Invasion in Taiwan nicht „nur“ Millionen Menschen töten und eine funktionierende Wirtschaft zerstören würde. Auch die wirtschaftlichen und politischen Kontakte mit der Weltengemeinschaft stehen hier auf dem Spiel.
Isoliert sich China, so sind auch der wirtschaftliche Fortschritt im eigenen Lande und damit die Stabilität der Volksrepublik gefährdet. Ein Krieg gegen Taiwan könnte somit auch den Zerfall Chinas heraufbeschwören, viele Bürgerkriege nach sich ziehen und eine lang anhaltende Destabilisierung ganz Südostasiens verursachen. Die chinesische Regierung könnte mit einer Invasion also auch etwas zerstören, was ich ihr trotz aller westlicher Kritik bezüglich Menschenrechte und politischen Freiheiten sehr hoch anrechne: Die schwierige Leistung, ein so großes Reich friedlich zusammenzuhalten (die möglichen Folgen eines zerfallenden Vielvölkerstaates sehen wir derzeit in Jugoslawien). Allein wegen dieses Risikos darf China keinen Krieg mit Taiwan beginnen. Aber auch die taiwanesische Regierung sollte nicht versuchen, die Souveränität mit der Brechstange zu erzielen. Sie muss berücksichtigen, dass China diesen Schritt nicht akzeptieren kann, weil er Separationsbewegungen in der Volksrepublik schüren würde. Beide Regierungen müssen besonnen bleiben, denn eines Tages wird die Zeit für eine politische Lösung kommen. [...] Christoph Sing, Frankfurt/Main
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