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Bei Rückkehr Mord?

■ Trotz Attentat und Familienverfolgung: Neffe des Exil-Oppositionsführers von Togo soll abgeschoben werden / Verfassungsklage erhoben Von Silke Mertins

„Wenn ich nach Togo zurückgeschickt werde, ist das so, als ob die Deutschen mich umbringen.“ Salomo Kossivi Olympio aus Togo kann nicht glauben, daß er in dem Land, das einmal Kolonialmacht seiner Heimat war, keinen Schutz vor Verfolgung finden kann. „Er ist völlig fassungslos, daß seine Beweise hier nicht ernst genommen werden“, so die im Flüchtlingsrat aktive Christiane Kramberg, die den 24jährigen Asylbewerber zusammen mit Martin Link, Flüchtlingsbeauftragter des Kirchenkreises Niendorf, betreut.

Die lange Narbe an seinem Arm stammt von einem Attentat: Salomo war und ist nicht nur in der oppositionellen Partei UFC (Union des Forces du Changement) aktiv, sondern gehört zu der Familie Olympio. Sein Onkel, der im westlichen Exil lebende Oppositionsführer Gilchrist Olympio, ist der Angstgegner des togoischen Diktators Eyadéma. Salomos Großvater Sylvanus Olympio, der erste Präsident Togos, wurde von Eyadémas Leuten ermordet. Die Familie ist seit mehreren Jahren und Attentaten in alle Winde zerstreut. Trotzdem lehnte das Bundesamt zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag des jungen Togoers als „offensichtlich unbegründet“ ab. Seine oppositionelle Tätigkeit hätte er ebensowenig glaubhaft machen können wie das Attentat und seine Verwandtschaft zu Gilchrist Olympio.

„Mit den Richtern ist es wie mit der Lotterie“, so Christiane Krambeck. Beweise hin, Olympio her – hätte sich ein Richter erst einmal auf „unglaubwürdig“ eingeschossen, müßten praktisch die Folterer höchstpersönlich als Zeugen auftreten, um die Fluchtgründe zu bestätigen. Zwar schickte der wegen persönlicher Gefährdung ständig den Aufenthaltsort wechselnde Onkel ein Fax, um das Verwandtschaftsverhältnis zu bestätigen. Doch das reichte dem Verwaltungsgericht nicht, um dem Neffen Rechtsschutz zu gewähren. Unter anderem heißt es in der Begründung, es sei im Erstasylverfahren verschwiegen worden, daß es sich nur um den Onkel zweiten Grades handelt. Eine Unterscheidung, die im westafrikanischen Kontext nicht gemacht wird, hält Salomos Hamburger Anwalt Frank Weidemann entgegen.

Eine Hoffnung: Auf Einladung des DGB kommt der Onkel, Gilchrist Olympio, heute zu einer Veranstaltung nach Hamburg. Salomos BetreuerInnen und sein Anwalt wollen die Gelegenheit nutzen, um es mit einer notariell beglaubigten Verwandtschaftsbestätigung erneut vor Gericht zu versuchen. Zudem hat der Anwalt inzwischen eine Verfassungsbeschwerde angestrengt: Die Ablehnung des Rechtsschutzes – also, daß Salomo bleiben kann, bis sein Asylfolgeverfahren entschieden ist – verletze die Grundrechte des Togoers in vier Punkten. Der Anwalt stützt sich vor allem auf Verfahrensfehler, die dem Flüchtling nicht ermöglicht hätten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.

Wie ist es um die Demokratie in Togo bestellt? Veranstaltung mit Gilchrist Olympio, UFC-Vorsitzender, 11 bis 13 Uhr, Hotel Senator, Lange Reihe 18-20

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