Bei Regierungsbeteiligung im Bund: Kretschmann will Strompreise senken
Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident dringt auf niedrigere Strompreise nach der Bundestagswahl. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz nennt er „überkomplex“.
Kretschmann nannte zwei Stellschrauben: „Wir sollten beispielsweise die Stromsteuer abschaffen.“ Der Ausfall von sechs bis sieben Milliarden Euro müsse gegenfinanziert werden, etwa durch eine Anpassung des CO2-Preises. Die Stromsteuer wird in der Regel beim Energieversorger erhoben, der sie dann an den Verbraucher weitergeben kann.
Der Grünen-Politiker sagte zudem, auch die EEG-Umlage müsse weiter gesenkt werden. Die Umlage zur Förderung des Ökostroms zahlen Verbraucher mit der Stromrechnung. Sie liegt bei 6,5 Cent pro Kilowattstunde. Ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden pro Jahr zahlt derzeit rund 260 Euro.
Zehn Jahre nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima und der beschleunigten Energiewende in Deutschland erklärte der einzige grüne Ministerpräsident, der Umstieg sei „in der Tat auch teuer, und hat über die EEG-Umlage auch die Strompreise erhöht“. Man sei jetzt aber dabei, die Strompreise wieder zu senken. „Ich erinnere an die beschlossene CO2-Bepreisung. Ein guter Teil aus den Einnahmen geht in die Stabilisierung und dann auch in die Absenkung der Strompreise. Da ist aber noch mehr drin.“ Verkäufer der fossilen Brennstoffe Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel müssen seit Anfang 2021 einen CO2-Preis zahlen. Es wird damit gerechnet, dass einige Unternehmen ihre zusätzlichen Kosten an die Verbraucher weiterreichen.
Produktion von Windenergie billiger als Atomstrom
Kretschmann erklärte, das Erneuerbare-Energien-Gesetz sei über die Jahre „überkomplex“ geworden. „Jetzt ist es so, dass wenn die Strompreise an der Börse sinken, dann erhöht sich die Umlage, das ist natürlich eine unsinnige Konstruktion.“ Davon müsse man wegkommen – „ohne allerdings den Ausbau der Erneuerbaren einzubremsen und den Vorrang der Einspeisung regenerativer Energien ins Stromnetz aufzugeben“. Die Produktion von Windenergie sei inzwischen billiger als Kohlestrom oder Atomstrom aus neuen Kraftwerken.
Der Grünen-Politiker erinnerte daran, dass der Super-GAU von Fukushima am 11. März 2011 ein „tiefer Schock“ gewesen sei. „Der Ausstieg ist aufgrund einer Risikolage erfolgt und nicht aus ökonomischen Überlegungen. Das darf man nicht vergessen.“ Die hohen Strompreise hätten auch zu einem „Effizienzschub“ geführt. „Das sehen Sie beispielsweise bei unseren Kühlschränken. Die Industrie wurde auf Effizienz getrimmt.“ Es sei zwar richtig, dass zum Beispiel die USA deutlich niedrigere Strompreise im Haushaltsbereich haben. „Aber sie verbrauchen im Durchschnitt dreimal so viel wie ein deutscher Haushalt.“ Die Amerikaner hätten es wegen des günstigen Stroms verpasst, Effizienzstrategien anzugehen.
Kretschmann war kurz nach dem Atomunglück in Japan Ministerpräsident in Baden-Württemberg geworden – am kommenden Sonntag tritt der 72-Jährige erneut als Grünen-Spitzenkandidat an und hat laut Umfragen gute Chancen zu gewinnen. Damals löste er den CDU-Mann Stefan Mappus ab, der sich vor dem Unglück in Fukushima noch vehement für eine Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Meiler eingesetzt hatte.
„Bei der Kanzlerin hat man das am deutlichsten gemerkt: Tschernobyl hat sie dem Dilettantismus im Umgang mit Technik im Kommunismus zugeordnet.“ Nach Fukushima habe sie dann das Ruder herumgerissen und den Atomausstieg eingeleitet. „Da hat man an ihr die Naturwissenschaftlerin gemerkt.“
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