: Begräbnis in Beton
Das Ende des „humanen“ Bremer Strafvollzugs prophezeien die GefängniswärterInnen angesichts der Pläne für den Knastneubau im Blockland. Sie befürchten die Übernahme „niedersächsischer Verhältnisse“ in Bremen: „Da wird bald noch der Rohrstock rausgeholt“
Als „Bankrotterklärung des humanen Strafvollzugs“ und als „freien Fall ins Mittelalter“ bezeichnet der Personalrat der Bremer Justizvollzugsanstalt das Konzept für den Knastneubau im Blockland. Die konkreten Vorgaben für den neuen Großknast, die zurzeit ausgearbeitet und im Sommer dem Senat vorgelegt werden sollen, zeigten deutlich, dass in Zukunft nicht mehr die Betreuung und Resozialisierung, sondern das Ein- und Wegsperren der Gefangenen an erster Stelle stehen könnte. „Gestern hatten wir in Bremen noch einen Behandlungsvollzug, in Zukunft haben wir nur noch Sicherheitsvollzug“, sagt der Personalratsvorsitzende Uwe Ballandis.
Zwar geht es bei den Abstimmungen und Festlegungen, die zurzeit zwischen Justizressort und Vollzugsanstalt laufen, offiziell nicht um den Strafvollzug an sich, sondern lediglich um Einzelheiten des geplanten Neubaus. Beides lasse sich jedoch nicht voneinander trennen, sagt Ballandis: „Wenn es keinen Besprechungsraum gibt, dann wird es auch keine Beratungsgespräche für Gefangene mehr geben.“
Das Justizressort weist die Vorwürfe indes zurück. Am inhaltlichen Konzept des Strafvollzugs ändere sich durch den Neubau nichts, erklärt Sprecherin Lisa Lutzebäck: „Die Angebote für die Gefangenen bleiben in vollem Umfang bestehen.“ Zwar liege man mit angepeilten 128.000 Euro Baukosten für jeden der 700 Haftplätze an der unteren Grenze im Bundesdurchschnitt. „Kosten und Betreuungskonzept haben aber nichts miteinander zu tun“, beteuert sie.
Ballandis sieht das anders. Alle Vorschläge, die Justizangestellte in die Arbeitsgruppen eingebracht hätten, seien anschließend mit dem Argument „zu teuer“ vom Tisch gewischt worden. Das Justizressort von Bürgermeister Henning Scherf (SPD) sei vielmehr insgesamt bestrebt, die bremischen Verhältnisse denen im Nachbarland Niedersachsen anzugleichen – mit allen Konsequenzen: Nicht nur, dass den Planern die Architekten der Oldenburger Haftanstalt unterstützend zur Seite stehen. Auch die Möglichkeiten von Haft-Erleichterungen sollen wie in Niedersachsen eingeschränkt werden. „Je restriktiver aber der Knast, desto größer das Aggressions- und Ausbruchspotential“, weiß Ballandis.
Dem unter sozialdemokratischer Ägide entwickelten Bremer System mit kleinen Vollzugsgruppen und Ansprechpartnersystem werde mit dem Neubau-Konzept und den geplanten Einsparungen beim Personal der Boden entzogen. Ballandis: „Das ist das Gleiche wie im Jugendvollzug – da wird der Rohrstock rausgeholt.“
hoi
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