: Begehrte Vulkanesen
■ Mypegasus könnte nach Saudi-Arabien und Süddeutschland vermitteln, aber nur selten in Bremen
Auch bei drastischem Personalabbau müßte kaum einer der Vulkanesen mit längerer Arbeitslosigkeit rechnen. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man die Anfragen nach qualifizierten Arbeitskräften bei der Beschäftigungsgesellschaft Mypegasus interpretiert. Wenn er alle Anfragen positiv bescheiden würde, sagt der Mypegasus-Vertreter Peter Havemann, der vor Ort auf der Vulkan-Werft in Vegesack den Überblick hat, „dann wäre die Werft hier schon erledigt“. Noch ist über die Zukunft der Unterweser-Werften nichts entschieden und kein Konzept auf dem Tisch, da „droht hier der Ausverkauf“. Einen Haken hat die Sache allerdings: Nur wenige Arbeitskräfte werden von Bremer Betrieben angefordert. Eine Handvoll gerade wollte Klöckner haben, 15 hat die Lürssen-Werft für acht Wochen angefordert, will sie aber nur im Rahmen eines Werkauftrages bezahlen und nicht nach Tarif.
In ganz anderen Dimensionen schlagen süddeutsche Firmen zu: 142 Schweißer könnte Mypegasus auf einen Schlag vermitteln: Die Firma hat einen größeren Auftrag, in Saudi-Arabien Pipelines zu legen...
Eine andere süddeutsche Firma sucht 80 Leute für eine Festeinstellung, eine Bochumer Verleih-Firma will 100 Stahlschlosser haben, um sie „in ganz Europa“ auf Baustellen einzusetzen. Und so weiter. Die eine Frage ist, wieviele der Vulkan-Arbeiter jetzt auf Wanderschaft gehen wollen, um nicht arbeitslos zu werden. Die andere Frage ist, wieviele der Vulkanesen eigentlich auf mittlere Sicht auf der Werft noch gebraucht werden. Mypegasus ist deshalb bisher sehr vorsichtig in der Weitergabe solcher Anfragen und berät sich erst einmal auf der Werft mit denen, die den Überblick haben, ob denn die Arbeiter überhaupt von den Lock-Angeboten erfahren sollen und welche Arbeiter auch dann nicht gebraucht würden, wenn neue Aufträge für die Werft hereinkommen.
Beim Bremer Bausenator hat am Mittwoch ein Gespräch mit dem Chef des Bauindustrieverbandes Dr. Wolfgang Beyer, stattgefunden, der in Sorge darüber ist, Bremer Vulkan-Arbeiter könnten den Bauarbeitern der Region Konkurrenz machen. „Wir haben schon 1.200 arbeitslose Bauarbeiter in der Region“, sagt Beyer zur taz. In einer solche Lage habe er kein Verständnis dafür, daß Vulkan-Leute mit 80 Prozent Arbeitsamts-Anteil am Lohn an Baufirmen vermittelt würden und dann in öffentlichen Bauaufträgen eingesetzt würden.
Nicht dabei bei diesem Gespräch und einigermaßen verwundert darüber ist der Bremer IG Bau-Vorsitzende Jägers. Der hatte nämlich vor Wochen schon angeregt zu prüfen, ob nicht die Stahl-Glas-Konstruktion für die neuen Messehallen von Vulkan-Leuten gebaut werden könnte. „Die Baufirmen haben ja nicht 200 Schlosser“, sagt Jägers, eine Konkurrenz zur Bauwirtschaft sei also nicht gegeben. Die Vulkanesen sollten zum Zuge kommen, „bevor der Auftrag an Billiglohn-Firmen vergeben wird“, findet der IG Bau-Mann, „natürlich zu offiziellen Tariflöhnen“.
Da liegt allerdings das Problem: Die Firma Züblin hat den Zuschlag für den Bau der neuen Messehallen auch deshalb bekommen, weil sie das günstigste Angebot gemacht hat. Nicht unbedingt nötige Lohnkosten sind da vermutlich nicht eingerechnet. Aber an diesem Punkt will der Gewerkschafter prinzipiell bleiben: „Das wäre staatlich subventioniertes Lohndumping.“
K.W.
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