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Archiv-Artikel

Befremdete Genossen

Wilhelmsburger Baugenossenschaft lässt „geräumte Grundstücke“ auf dem freien Markt feilbieten. Auf Nachfragen derzeit dort Wohnender ist von „Fehler“ die Rede

Die Augen dürften sich einige Mieter der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (VHW) in Wilhelmsburg gerieben haben, als sie kürzlich im Internet ein merkwürdiges Kaufangebot für ihre zum Abriss bestimmten Häuser – beziehungsweise die Grundstücke – entdeckten. Für 1,8 Millionen Euro bot da der Immobilienhändler Rolf Sprenger die geräumten Grundstücke an. Die Mieter bezweifeln indes die Notwendigkeit, überhaupt abzureißen, und wollen bleiben. Dem VHW signalisierten sie bereits über den Mietervereins-Anwalt Willi Lehmpfuhl ihr Interesse am Kauf.

Die Häuser Kurdamm 20 und Schlöperstieg 1 bis 9 in Wilhelmsburg sollen abgerissen werden, weil die mit vier Millionen Euro veranschlagte Sanierung der 80 Jahre alten Häuser dem VHW zufolge zu teuer sei. Aus Sicht der Mieterinitiative ist der Zustand aber wesentlich besser als behauptet, sind die Wohnungen tipptopp: mit Etagenheizungen, guten Isolierglasfenstern, voll gekachelten Bädern und gut ausgestatteten Küchen.

So kamen die Gutachter der jeweiligen Parteien denn auch zu unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich der Bausubstanz. Eine Sanierungsbedürftigkeit sehen aber beide, da manche Wohnungen eben in sehr schlechtem Zustand und nicht mehr zeitgemäß ausgestattet seien.

Der Wilhelmsburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Wolfgang Marx findet das Vorgehen der VHW gleichwohl befremdlich: Die Genossenschaft will freihändig verkaufen, obwohl die Mieter ein Kaufinteresse erklärt haben. Als Genossen ja ohnehin Miteigentümer, sind die VHW-Mieter darüber auch einigermaßen verärgert: „Die benehmen sich wie Großgrundbesitzer“, schimpft etwa Andrea Zander von der Mieterini.

Genossenschaftsvorständler Uwe Schleicher scheint das Ganze ziemlich unangenehm zu sein. Er verweist auf Fehler innerhalb des eigenen Hauses und behauptet: „Das ist ohne unser Wissen geschehen.“ Allerdings hatte sich auf Nachfrage zunächst Immobilienhändler Rolf Sprenger für verantwortlich erklärt: Da er im gleichen Gebiet, in der Ziegelerstraße, Grundstücke für dieselbe Genossenschaft anböte, sei er da wohl etwas voreilig gewesen. Aus dem Internet ist das dubiose Angebot inzwischen verschwunden.

Angela Dietz