Bedingungsloses Grundeinkommen: Linke plant Urwahl
Die Linke will das Thema Grundeinkommen endlich grundsätzlich entscheiden. Der Parteitag im Juni soll verschoben werden.
Über das Thema Bedingungsloses Grundeinkommen konnten sich die Mitglieder in der Vergangenheit trefflich streiten. GewerkschaftlerInnen lehnen es ab, weil es den Mindestlohn versauen und ihrer Klientel wenig bringen könnte. Die Befürworter sehen es als Grundvoraussetzung, um Menschen von Abhängigkeiten zu befreien und ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Zu ihnen gehören beispielsweise die Vizepräsidentin des Bundestags Petra Pau aber auch Parteichefin Katja Kipping
Der Parteivorstand, dem auch Kipping angehört, hätte am liebsten offen gelassen, ob die Linke nun für oder gegen ein solches Bedingungsloses Grundeinkommen ist, um die Partei in dieser Frage nicht zu spalten.
Doch die Grundeinkommensbefürworter wollen eine Entscheidung, sprich einen Mitgliederentscheid. Und sie haben die dafür nötigen Unterschriften zusammen, wie Tilmann Loos einer der Vertrauensleute der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen der taz bestätigte. 3650 Parteimitglieder hätten unterschrieben und möchten über das strittige Thema abstimmen. Das reicht: Laut Satzung müssen es mindestens 5 Prozent der Parteimitglieder sein, das entspricht etwa 3.000 der derzeit 60.000 Mitglieder.
Urabstimmung nach der Bundestagswahl
Geprüft und eingereicht sind die Unterschriften noch nicht. Doch spätestens ein halbes Jahr, nachdem das erledigt ist, muss laut Satzung die Urabstimmung stattfinden. Es sei denn man einigt sich gütlich auf eine Fristverlängerung. Denn ein Mitgliedereintscheid mitten in der Pandemie und kurz vor einem wichtigen Wahljahr? Schwierig.
Der Parteivorstand möchte deshalb mit den Grundeinkommensfans einen Kompromiss aushandeln und die Urabstimmung um mindestens ein Jahr verschieben. In einem Beschlussentwurf für den Parteivorstand, der der taz vorliegt, heißt es: Der Parteivorstand werde auf dem Bundesparteitag beantragen, einen Antrag über einen Mitgliederentscheid herbeizuführen. „Dieser Mitgliederentscheid soll nach der Bundestagswahl, jedoch spätestens ein Jahr danach stattfinden.“ Frühestens im Herbst 2021, spätestens jedoch 2022 will die Linke ihre Mitglieder also befragen, ob die Partei offensiv für ein Grundeinkommen wirbt.
Linken Geschäftsführer Jörg Schindler ist eines von vier Mitgliedern des Parteivorstands, die derzeit mit der AG Grundeinkommen über eine Terminsetzung verhandeln. Er halte eine Festlegung in der Frage des Grundeinkommens zwar nicht für klug, da es in der Linken nun mal sehr verschiedene Auffassungen zu dem Thema gebe. Dennoch müsse man das Rebellische in der Partei zur Kenntnis nehmen, sprich, dass die AG Grundeinkommen, die nötigen Unterschriften für einen Mitgliederentscheid zusammen habe. „Aber vor der Bundestagswahl müssen wir uns das nicht geben, da kommt es auf ein geschlossenes Auftreten an“, sagte Schindler der taz. Als Bundesgeschäftsführer wird es seine Aufgabe es sein, die Linke in den Wahlkampf zu führen. „Hier gilt unser Konzept für einen neuen Sozialstaat, das Partei und Fraktion gemeinsam vertreten.“
Kritiker sehen gravierende Nachteile
Schindler selbst ist ein Kritiker des Grundeinkommens. „Das Anliegen, dass niemand ohne Einkommen sein darf, ist zwar richtig. Das Grundeinkommen hat aber gravierende Nachteile.“ Der Staat würde Milliarden mit der Gießkanne ausschütten und es berge die Gefahr, dass Unternehmen künftig den Mindestlohn ignorierten und auf das Grundeinkommen verwiesen.
Das von Teilen der Linken erarbeitete Grundeinkommenskonzept sieht vor, dass alle Menschen monatlich einen mindestens existenzsichernden Betrag aufs Konto überwiesen bekommen. Um es zu finanzieren möchte die Partei hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuern. Weitere Säulen des Sozialstaats wie Sozialversicherungen und der Mindestlohn sollen erhalten bleiben.
In seiner Sitzung am Dienstag will der Parteivorstand auch über eine Verschiebung des ursprünglich für Juni geplanten Parteitages in den Herbst entscheiden. Zur Begründung heißt es in dem Antrag: „Eine sachgemäße politische und organisatorische Vorbereitung ist derzeit nicht möglich.“ Anders als beim Grundeinkommen herrscht in diesem Punkt Einigkeit.
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