Revolutionäres: Beamte als Manager
■ Neuer Studiengang an der Hochschule
„Wir wollen keine StudentInnen, die sich schon im 2.Semester ihre Rente ausrechnen“, sagt Friedrich Lehmann, Fachbereichssprecher der Hochschule für Öffentliche Verwaltung. Und um das in Zukunft zu verhindern, sollen die zukünftigen BeamtInnen ein marktwirtschaftlich orientiertes Studium absolvieren. Denn neben den normalen Vrwaltungsaufgaben sollen sie vor allem lernen, mit den knappen Staatsfinanzen behutsam umzugehen. Der neue Studiengang „Wirtschaft und Verwaltung“ verbindet dafür Management und Verwaltungswissenschaften auf internationaler Ebene.
Das neuartiges Projekt zur Entstaubung der deutschen Amtsstuben ist ein vier Jahre langes Studium, das durch ein Auslandssemester und Praxisnähe den „EG-Effekt ausnutzen“ soll, so Lehmann. Dabei soll ein „flexibler Wechsel zwischen Wirtschaft und Beamtentum auf internationaler Ebene“ erzielt werden. Auf dem neuen Lehrplan stehen daher Fächer wie „Systemvergleich von privatem und öffentlichem Rechnungswesen“ (Warum müssen Behördentöpfe bis zum Jahresende ausgegeben sein?), Controling, Buchführung, Investitionen, Materialwirtschaft oder Marketing – alles Begriffe, die den Verwaltungsmenschen bisher Fremdwörter waren.
Ronald Mönch, Hochschulrektor, geht sogar so weit, Bremens Zukunft nur auf internationaler Ebene zu sehen und sieht in dem neuen Studiengang „eine Verwaltungsrevolution, einzigartig in Deutschland“. „Bisher waren weder ein Anreiz noch kompetente Fachkräfte vorhanden“, um Finanzierungen nicht einfach ungeprüft weiterlaufen zu lassen. Mit dem Projekt soll die „öffentliche Hand als schnelles, drahtiges Unternehmen“ umstrukturiert werden, mit „dezentralisierter Verwaltung“ und durchaus marktwirtschaftlichen Systemen, so Bildungssenator Henning Scherf.
Die vom Studium geforderte Beherrschung einer Fremdsprache und ein Semester Studium im Ausland sind ebenfalls Neuigkeiten für die Beamtenausbildung. Dieses Jahr sollen zunächst dreißig StudentInnen zu „Verwaltungsrevolutionären“ ausgebildet werden, ab kommendem Jahr sollen es 50 sein. 20 der 30 AbsolventInnen haben schon jetzt theoretisch einen sicheren Job in verschiedenen Verwaltungsbereichen, die übrigen können auch in „staatsnahe Wirtschaftsbereiche gehen“, z.B. Versicherungen. Mönchs Meinung nach haben StudentInnen die größten Chancen aller Studiengänge auf einen Arbeitsplatz: “Das ist ein versteckter Schlager“. Die augenblickliche Ausbildung für BeamtInnen ist für die ProfessorInnen unbefriedigend: „Junge Leute von 18 Jahren können sich zurücklehnen und freudig ihrer Rente mit 65 entgegenblicken.“ spix
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