■ Bayerischen Fischverbandsvorsitzenden hat's kalt erwischt:: Eisvögel im Tiefkühlfach
Memmingen (taz) – 40.000 Mark Strafe soll der Vizepräsident des bayerischen Landesfischereiverbandes, gleichzeitig Vizepräsident der schwäbischen Fischer, bezahlen. Die Staatsanwaltschaft Memmingen hat gegen den Fischzüchter wegen Verstößen gegen das Naturschutzgesetz, die Bundesartenschutzverordnung und das Waffengesetz einen Strafbefehl erlassen. Bei dem Fischzüchter, der in seiner Unterallgäuer Heimatgemeinde Pleß auch im Gemeinderat sitzt, wurden bei einer Razzia serienweise geschützte Vögel in der Gefriertruhe gefunden, unter anderem zehn Eisvögel, davon sieben Jungtiere, Fischreiher und Gebirgsstelzen. Die Jungvögel waren auch (wie berichtet) der Anlaß für die Hausdurchsuchung im vergangenen Sommer. Kurz zuvor war auf brutale Weise eine Eisvogelbrut zerstört worden.
Die Ermittler des Landeskriminalamtes Bayern konnten jedoch dem hohen Fischereifunktionär trotz der Jungvögel in der Eistruhe nicht nachweisen, daß er die Eisvogelbrut zerstört hat. Er selbst bestreitet das nach wie vor. Trotzdem hält ihn die Staatsanwaltschaft Memmingen der genannten Verstöße für schuldig. Immerhin wurden bei der Razzia auch noch 2.500 Schuß Munition gefunden, für die der Mann keine Genehmigung besitzt.
Der Fischer-Vizepräsident, der noch 1991 mit dem Ehrenring der bayerischen Fischerei, der höchsten Auszeichnung überhaupt, geehrt wurde, schiebt die Schuld auf seine Mitarbeiter. Er meint, sie hätten ihm die toten Vögel in die Gefriertruhe gelegt. Die Tiere haben sich angeblich in über die Fischweiher gespannten Netzen verfangen. Experten des Landesbundes für Vogelschutz bezeichneten es als höchst unwahrscheinlich, daß sich Eisvögel in den Netzen verfangen haben, vor allem nicht in dieser Anzahl. Eisvögel würden in aller Regel an der Stelle wieder auftauchen, wo sie ins Wasser gestoßen sind. Und sie tauchen nur dort ein, wo die Netze Löcher haben oder gar nicht vorhanden sind. Zu den 2.500 Schuß Munition erklärte der Fischzüchter, er habe sie im Laufe der Jahre geschenkt bekommen. Nachdem er nicht wußte, was er damit anfangen soll, habe er sie eben gesammelt. Gegen den Strafbefehl will der Fischer Widerspruch einlegen, da die Anklage völlig falsch sei.
Zu seinem umstrittenen Einsatz von Selbstschußanlagen erklärte der Fischzüchter, er müsse seine Bestände damit vor den schlimmen Graureihern schützen, die in Scharen über seine Fische herfallen würden. Und schließlich gab er sich gar als vorbildlicher Artenschützer aus. Er habe aussterbende Tierarten wie Eschen und Huchen – weit höherwertigeren Tieren als Eisvögel – mit Netzen und Schußanlagen vor den Fischfressern geschützt. Die Beschwerden seiner Nachbarn darüber seien ihm völlig unverständlich.
Den Fischereiverbänden ist die ganze Sache ausgesprochen peinlich, obwohl der Vizepräsident seine Ehrenämter vorübergehend ruhen läßt. Schließlich wurde der Naturfrevler bei seiner Ehrung ausdrücklich dafür gelobt, daß er das Ansehen der Fischerei in der Öffentlichkeit geprägt und sehr zum Wohle der bayerischen Fischerei gewirkt habe. Wörtlich heißt es in der Laudatio: „Er hat mit seiner mehr als vier Jahrzehnte langen Tätigkeit für den Beruf Maßstäbe und Akzente gesetzt und sich vor allem für den Artenreichtum und die Gesundheit der Fischbestände eingesetzt.“ Der Geschäftsführer des schwäbischen Fischereiverbandes erklärte, daß eine offizielle Stellungnahme erarbeitet werde. Man distanziere sich natürlich von der Sache, habe aber bislang wegen des schwebenden Verfahrens nichts unternehmen können. Klaus Wittmann
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