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Baukonzern läßt Elbo-Kauf platzen

■ Die schwierige Privatisierung des ostdeutschen Baukonglomerats Elbo ist vorerst gescheitert/ Treuhand will nun Einzelunternehmen verkaufen/ Betriebsrat bedauert Rückzug von Bouygues

Berlin/Rostock (dpa/taz) — Eines der schwierigsten Privatisierungsverfahren der Treuhandanstalt ist vorerst gescheitert: Der französische Bau- und Medienkonzern Bouygues S.A. ließ gestern die Übernahme der größten ostdeutschen Baugruppe Elbo als Einheit platzen. Nach Auskunft der Berliner Mega- Behörde verzichtete der Konzern auf „weitere exklusive Verhandlungen“ über den Kauf der sechs Bauunternehmen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Treuhand- Vorstand Günter Rexrodt kündigte an, man werde nunmehr unverzüglich mit den Interessenten für einzelne oder auch mehrere Unternehmen Verhandlungen aufnehmen.

Für den französischen Riesen Bouygues würde den Treuhand- Angaben zufolge der Aufbau eines ostdeutschen Baukonzerns aus den bislang weitgehend unabhängigen Firmen zuviel finanzielle Mittel und Managementkapazität binden. Die wirtschaftliche Situation der einzelnen Firmen sei nicht so, wie man zu Anfang geglaubt hätte. Die Elbo- Gruppe (Elbo: von der Elbe bis zur Oder) wurde nach der Wende von dem inzwischen verstorbenen Bremer Unternehmensberater Heinz Krahmer mit einigen ehemaligen Wohnungsbaukombinats-Direktoren zusammengeschustert. Der Gruppe mit einem Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Mark gehören die Elbo Bau AG (Rostock), der Norddeutsche Tiefbau- und Umweltschutz GmbH (Rostock), die Mecklenburger Bauunion AG (Neubrandenburg) und die Tusek (Neubrandenburg) an.

Wie es für den größten Anbieter von Bauleistungen in den neuen Ländern und die dort noch rund 9.000 Beschäftigten weitergeht, ist völlig unklar. Der Betriebsratsvorsitzende der Rostocker Elbo Bau AG, Manfred Scharon, bezeichnete den Rückzug von Bouygues als „sehr bedauerlich“. Der Bau-Riese erwirtschaftet mit seinen rund 80.000 Beschäftigten einen Umsatz von rund 23 Milliarden Mark — er schien Treuhand, Geschäftsleitung und Betriebsrat stark genug, die Elbo-Gruppe zu übernehmen und den westdeutschen Baukonzernen Paroli zu bieten. Über die Gründe der in Berlin bekanntgewordenen Entscheidung wisse er nichts, sagte Scharon. Er habe nicht einmal das Angebot der Franzosen gekannt. Das Konzept der Franzosen, so war durchgesickert, hätte unter Umständen trotz eines Verbundverkaufs dazu geführt, daß Einzelunternehmen in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht und letztlich überflüssig geworden wären. Bedauerlich ist die Absage für den Betriebsrat vor allem, da Bouygues der einzige verbliebene Interessent an den Elbo- Unternehmen als Gruppe gewesen war. Eine Einzelprivatisierung sei nie im Sinne der Baubetriebe gewesen, so Manfred Scharon.

Nun ist wahrscheinlich — wie bei der Werften-Privatisierung — die Landesregierung gefordert. Ministerpräsident Berndt Seite (CDU) hat mehrfach versichert, daß er hinter einem Elbo-Konzern steht. Dies setze nunmehr dringend eine Landesbeteiligung voraus, glaubt der Betriebsrat. Regierungschef Seite und Wirtschaftsminister Conrad-Michael Lehment (FDP) wollen am kommenden Montag in Berlin mit der Treuhand weitere Schritte beraten. Ursprünglich waren die Elbo-Betriebsräte von Treuhandchefin Birgit Breuel für Donnerstag nach Berlin eingeladen worden, um mit dem zuständigen Treuhandmitglied Günter Rexrodt die Bouygues-Pläne zu erörtern. Für den Betriebsrat indes geht der „Kampf ums Überleben“ weiter. es

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